Jäger und Sportschützen dürfen aufatmen: Insbesondere in Deutschland müssen sie sich nun nicht darauf gefasst machen, sich im Umgang mit Waffen bedeutend einschränken zu müssen. Selbst ihre gefährlichsten Schießeisen müssen sie nicht abgeben, so wie es Teile der Waffenlobby behauptet hatten, um gegen die neue Schusswaffen-Richtlinie der EU Stimmung zu machen.
Zwar ist die neue Richtlinie in vielerlei Hinsicht ein Fortschritt. In einem wichtigen Punkt aber verstößt sie gegen jede Vernunft: Sportschützen dürfen auch weiterhin halbautomatische Pistolen und Gewehre legal kaufen – einzig und allein, weil sie Sportschützen sind. Auch eine strenge Begrenzung der Magazin-Kapazität fiel weg: Pistolen dürfen bis zu 21 Schuss ohne Nachladen abfeuern, Gewehre bis zu 11 Schuss. Mit beiden ist es möglich, das Magazin binnen Sekunden leerzuschießen. Schon für Jäger dürfte eine solche Feuerkraft schwer zu rechtfertigen sein. Bei Sportschützen grenzt sie an Irrsinn.
Man müsse hier abwägen, sagen vor allem konservative Politiker, die sich offenbar von der teils aggressiven Lobbyarbeit der Waffenfreunde beeindrucken ließen: Sportschützen dürften nicht unverhältnismäßig belastet werden. Man reibt sich die Augen angesichts dessen, was hier gegeneinander ins Verhältnis gesetzt werden soll: Der Verlust von Menschenleben gegen die Ausübung eines Hobbys.
Fünf Tote durch legale Waffen – allein im Dezember, allein in Deutschland
„Waffen töten nicht, Menschen töten“, lautet eines der Lieblingsargumente der Waffenlobby, und das sei auch mit Autos oder Küchenmessern möglich. Doch Autos und Küchenmesser wurden nicht zum Töten gebaut – anders als die Waffen, um die es hier geht. Sie dienen im Grunde nur einem Zweck: Leben zu nehmen, und zwar so effizient wie irgend möglich. Nur dafür wurden sie konstruiert.
Von legalen Waffenbesitzern gehe grundsätzlich keine kriminelle oder terroristische Gefahr aus, behaupten Vertreter von Sportschützen-Verbänden dann gern. Doch auch das ist schlicht falsch, wie allein im Dezember gleich mehrfach auf tragische Weise deutlich wurde. Am zweiten Advent tötete ein 43-Jähriger bei Mönchengladbach seine ehemalige Lebensgefährtin und ihren 17-jährigen Sohn, bevor er sich selbst richtete. Elf Tage später erschoss ein Arzt in Marburg erst einen Kollegen und dann sich selbst. Beide Täter waren Sportschützen, beide besaßen ihre Waffen legal. Auch die Amokläufe von Erfurt und Winnenden sowie das Massaker auf der norwegischen Insel Utoya sind mit legalen Waffen verübt worden.
Alles tragische Einzelfälle, lautet dann das letzte Argument der Waffenlobby. Das stimmt. Aber statistisch gesehen sind glücklicherweise alle schweren Verbrechen und Unglücke Einzelfälle. Doch in anderen Bereichen käme niemand auf die Idee, das als Argument gegen vernünftige Regeln zu nutzen.
Man solle sich lieber um Kriminelle und Terroristen kümmern als um legale Waffenbesitzer, meinen Jagd- und Schützenverbände. Aber das eine schließt das andere nicht aus: Man kann einem Staat durchaus zutrauen, Terror und Kriminalität zu bekämpfen und sich zugleich um sinnvolle Regelungen bei legalen Schusswaffen zu kümmern.
Mit der neuen EU-Richtlinie ist das leider nur teilweise gelungen.
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