Die SPD hat die Ankündigung von CSU-Politiker Manfred Weber kritisiert, im Fall einer Wahl zum Chef der EU-Kommission die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 blockieren zu wollen. „Wer Nord Stream 2 infrage stellt, macht sich von amerikanischem Fracking-Gas abhängig oder will die Atomkraft wiederbeleben“, sagte SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch der Deutschen Presse-Agentur. Gas sei ein wichtiger „Übergangs-Energieträger“ für ganz Europa. Miersch warf der CSU außerdem vor, den Ausbau der erneuerbaren Energien in Bayern zu blockieren. „Hier zeigt sich das ganze energiepolitische Irrlichtern des Spitzenkandidaten der CDU/CSU in Europa.“
Der SPD-Politiker nimmt dabei Bezug auf eine Äußerung Webers in der polnischen Zeitung Polska Times. Dieser hatte Weber gesagt, er sei gegen das umstrittene Nord-Stream-2-Projekt. Dieses sei nicht im Interesse der EU, weil es die Abhängigkeit von russischen Rohstoffen erhöhe. „Als Chef der EU-Kommission werde ich alle Vorschriften anwenden, um Nord Stream 2 zu blockieren“, hatte Weber angekündigt. Der CSU-Politiker tritt bei der Europawahl Ende Mai als Spitzenkandidat der konservativen Parteienfamilie EVP an, zu der CDU und CSU gehören. Ihm werden gute Aussichten auf den Posten des EU-Kommissionschefs eingeräumt.
Weber hatte sich bereits im Februar gemeinsam mit EU-Abgeordneten von CDU, Grünen und FDP unter Verweis auf die „Solidarität mit unseren Nachbarn“ gegen die Pipeline ausgesprochen. Damit hat er sich gegen die offizielle Position der Bundesregierung gestellt. Diese sieht die Pipeline als wirtschaftlich notwendig an, um den Eigenbedarf an Erdgas zu sichern. Befürworterinnen und Befürworter von Nord Stream 2 argumentieren, dass die Eigenproduktion an Erdgas in Europa bis 2035 deutlich sinke. Zugleich gehen sie davon aus, dass der Bedarf an dem Rohstoff annähernd gleich bleibe.
Nord Stream 2 innerhalb der EU umstritten
Nord Stream 2 ist die zweite Ostsee-Pipeline zwischen Russland und Deutschland. Dahinter steht der russische Staatskonzern Gazprom, der die Hälfte der geplanten Gesamtkosten von 9,5 Milliarden Euro stemmen soll. Die andere Hälfte finanzieren fünf europäische Energieunternehmen, darunter die BASF-Tochter Wintershall, OMV sowie Royal Dutch Shell und die französische Engie.
Die schon im Bau befindliche Pipeline soll Gas von Russland durch die Ostsee nach Deutschland transportieren. Innerhalb der EU ist das Projekt allerdings umstritten, etliche EU-Mitgliedsstaaten lehnen das Projekt ab. Kritiker sehen in Nord Stream 2 eine Bedrohung für den EU-Binnenmarkt. Sie fürchten eine energiepolitische Abhängigkeit von Russland. Da die Leitung Transitländer wie Polen oder die Ukraine umgeht, ist dort der Widerstand besonders groß. Auch die US-Regierung hatte sich gegen den Ausbau der Pipeline gewandt. Die USA wollen selbst Flüssiggas nach Europa exportieren.
Das EU-Parlament, in dem die EVP derzeit stärkste Kraft ist, hatte Anfang April mit breiter Mehrheit für eine Überarbeitung der Regeln für Gas-Pipelines aus Drittstaaten gestimmt. Demnach sollen diese Pipelines künftig EU-Regeln unterliegen. Allerdings kann das Land, in dem die Gasleitung aus einem Drittstaat zum ersten Mal auf das europäische Netz trifft, bei der EU-Kommission Ausnahmen von den Regeln beantragen. Im Fall von Nord Stream 2 wäre das Deutschland, dem also weiterhin eine Schlüsselrolle bei dem Projekt zukommt.
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