Die AfD trägt ihren neu aufgeflammten Machtkampf offen auf der nordrhein-westfälischen Landesbühne aus. Nach scharfer parteiinternen Kritik wegen möglicher Tricks bei der Listenwahl muss sich der AfD-Landesverband um Parteichef Marcus Pretzell gegen weitere schwere Vorwürfe wehren.
Es werde geprüft, ob bei der Wahl der Listenkandidaten für die NRW-Landtagswahl im Mai 2017 mehrere Stimmzettel nicht ausgezählt und vernichtet wurden, sagte eine Sprecherin der NRW-AfD der Deutschen Presse-Agentur in Düsseldorf. Der Landesvorstand sei vor einigen Tagen über diese Behauptung informiert worden.
Ein Mitglied der Zählkommission habe angegeben, auf Bitten eines anderen Kommissionsmitglieds fünf vergessene Stimmzettel entsorgt zu haben. «Das ist eine ungeheuerliche Behauptung, der wir nachgehen», sagte Sprecherin Renate Zillessen. Im Landesvorstand gebe es allerdings «massive Zweifel» an der Darstellung, auch wenn diese in einer eidesstattlichen Erklärung festgehalten worden sei.
Der Landeswahlleiter als «neutrales Wahlorgan» sei mit der «rein innerparteilichen Angelegenheit» bisher nicht befasst, hieß es aus dem NRW-Innenministerium.
Auf Einladung Pretzells kamen am Freitagabend führende Vertreter der nordrhein-westfälischen AfD in Essen zu einem Krisentreffen zusammen. Die Bezirks- und Kreissprecher wollten über die jüngsten Vorwürfe beraten und abstimmen, ob die Landeswahlversammlung am Wochenende in Rheda-Wiedenbrück wie geplant stattfinden kann. Dort sollen weitere Listenplätze besetzt werden. «Das ist hier ziemlich ergebnisoffen», sagte ein Teilnehmer vorab. NRW-Parteichef Pretzell äußerte sich am Rande des Treffens nicht zu den Vorwürfen. Zu dem Treffen hatte er kurzfristig eingeladen.
Nach den ersten beiden Listenparteitagen hatte das Magazin «stern» aus geheimen Chat-Protokollen einer AfD-Gruppe in NRW zitiert. Danach handelt es sich bei den Gruppen-Mitgliedern um Unterstützer von Pretzell, die bei den Wahlversammlungen als Strippenzieher agiert und über Parteimitglieder gelästert haben sollen.
Mit bissiger Kritik hatten der Thüringer AfD-Vorsitzende Björn Höcke und Vize-Bundeschef Alexander Gauland reagiert, beide sind Gegner von Pretzell und dessen Lebensgefährtin, der Bundesvorsitzenden Frauke Petry. Pretzell hält den Kontrahenten vor, seine Partei «in den Schmutz zu ziehen». Andere warfen Gauland und Höcke vor, dem Machtkampf in der AfD auf dem Rücken des Landesverbandes auszutragen.
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