Die Affäre um Geheimdokumente im Privatbesitz von Joe Biden findet kein Ende. Nun wurde auch noch sein Wochenendhaus durchsucht. Zeit für einen Rückblick auf die Geschehnisse – und die Folgen für Biden, Ex-Präsident Trump und Ex-Vize Pence.
Joe Biden steht unter Druck. Seit Anfang des Jahres bekannt wurde, dass in seinem Büro und seinem Wohnhaus geheime Dokumente gefunden wurden, steht der US-Präsident ungewollt im Rampenlicht. Schlimmer noch, er wird ausgerechnet mit jenem Mann verglichen, von dem er sich seit seinem Amtsantritt auf Biegen und Brechen versucht hat, abzugrenzen – seinem Vorgänger Donald Trump.
Für Biden hat der Vergleich eine besondere politische Brisanz, da Trump im vergangenen Sommer mit einem ähnlichen Fall für einen Skandal gesorgt hatte. Als das FBI im August das Mar-a-Lago-Anwesen des Ex-Präsidenten durchsuchte, beschlagnahmten die Beamten Tausende Dokumente, darunter rund 100 Unterlagen mit Geheimvermerk. Zwar handelt es sich im Fall von Biden – Stand heute – um deutlich weniger Geheimpapiere. Zudem wird das Weiße Haus nicht müde zu betonen, dass man anders als Trump vom ersten Moment an eng mit den zuständigen Behörden zusammengearbeitet habe. Dennoch ist der Schaden angerichtet.
PAID Joe Biden Garage Gate 11.42Biden und sein Team stehen vor allem wegen ihrer nur „häppchenweise“ herausgegebenen Informationen schwer in der Kritik. Von einigen Funden erfuhr die Öffentlichkeit erst durch Medienberichte. Da ist es nur ein kleiner Trost, dass inzwischen auch bei Ex-Vizepräsident Mike Pence geheime Dokumente entdeckt wurden. Und ein Ende ist nicht in Sicht: Erst am Mittwoch wurde Bidens Wochenendhaus in Rehoboth Beach, Delaware unter die Lupe genommen. Zeit für einen Rückblick auf Geschehnisse der letzten drei Monate.
Erster Fund von Geheimdokumenten bei Joe Biden
2. November 2022: Eine knappe Woche vor den wichtigen Midterms wird der erste Stapel Geheimdokumente in Joe Bidens Denkfabrik in Washington gefunden – als einer von seinen Privatanwälten einen verschlossenen Schrank öffnet. Das „Penn Biden Center for Diplomacy and Global Engagement“ gehört zu der von Biden gegründeten University of Pennsylvania, deren Büros er nach Ende seiner Zeit als Vizepräsident Anfang 2017 nutzte. Justizminister Merrick Garland beschreibt es als einen Ort, „der nicht zur Aufbewahrung von Geheimdokumenten autorisiert ist“. Bei den gefundenen Dokumenten handelt sich um etwa zehn Papiere, von denen einige laut der „Washington Post“ als „streng geheim“ gekennzeichnet sind. Die Dokumente werden laut Bidens Sonderberater Richard Sauber sofort an das Nationalarchiv übergeben, das die Aufzeichnungen des US-Präsidenten führt.
4. November: Zwei Tage später nimmt der Generalinspekteur des Archivs laut Garland Kontakt mit einem Staatsanwalt im Justizministerium auf. Er teilt ihm mit, dass das Weiße Haus den Fund geheimer Dokumente im Penn Biden Center offengelegt hat.
9. November: Am Tag nach den Midterms führt das FBI nach Angaben des Justizministers eine Bewertung durch, um festzustellen, ob mit dem Dokumentenfund gegen Gesetze verstoßen wurde. Unterdessen gibt es bei Bidens Demokraten Grund zur Freude. Die Partei hat in den Zwischenwahlen deutlich besser abgeschnitten als erwartet.
14. November: Justizminister Garland beauftragt den Staatsanwalt John R. Lausch Jr., der 2017 von Ex-US-Präsident Donald Trump für den Job nominiert wurde, damit, eine erste Untersuchung zu Bidens Geheimpapieren durchzuführen. Diese soll dabei helfen, festzustellen, ob für die Angelegenheit ein Sonderstaatsanwalt gerechtfertigt ist.
US-Demokraten Biden Nachfolger20.20
Zweiter Dokumentenfund und Beginn der Ermittlungen
20. Dezember: Kurz vor Weihnachten entdecken Bidens Anwälte einen zweiten Stapel Geheimdokumente in dessen Garage in seinem Wohnsitz in Wilmington, im US-Bundesstaat Delaware. Der Sonderberater des Präsidenten informiert Staatsanwalt Lausch über den Fund, das FBI sichert die Dokumente. Die Öffentlichkeit weiß zu diesem Zeitpunkt noch nichts über die Funde geheimer Dokumente.
5. Januar 2023: Anfang des Jahres informiert Staatsanwalt Lausch den Justizminister über den Stand der Ermittlungen und empfiehlt die Ernennung eines Sonderermittlers. In den folgenden Tagen wird im Justizministerium Robert K. Hur als potenzieller Sonderermittler genannt. Hur ist ein ehemaliger US-Staatsanwalt in Maryland, der 2018 ebenfalls von Trump eingesetzt wurde.
Die Öffentlichkeit erfährt von „Garage Gate“ – weitere Papiere werden gefunden
9. Januar: Durch einen Bericht von „CBS News“ erfährt die Öffentlichkeit zum ersten Mal über die Entdeckung der Dokumente im November. Das Weiße Haus bestätigt daraufhin, dass das Justizministerium eine Untersuchung eingeleitet hat und gibt an, sowohl mit dem Ministerium als auch mit dem Nationalarchiv zusammenzuarbeiten. Es verschweigt jedoch den Fund weiterer Papiere kurz vor Weihnachten. Für die Republikaner, die kurz zuvor die Kontrolle im Repräsentantenhaus übernommen haben, sind die Ermittlungen ein gefundenes Fressen.
11. Januar: Bidens Anwälte durchsuchen erneut seinen Wohnsitz in Wilmington sowie das Wochenendhaus des US-Präsidenten in Rehoboth Beach, Delaware. In Wilmington finden sie in einem Raum neben der Garage „ein potenzielles Dokument, das als geheim gekennzeichnet ist“. Laut einer später veröffentlichten Erklärung von Bidens persönlichem Anwalt, Bob Bauer, hören die Anwälte danach auf den Raum zu durchsuchen, da sie nicht über die entsprechende Sicherheitsfreigabe verfügen. Im Strandhaus finden sie hingegen keine derartigen Papiere.
PAID Biden Halbzeit-Bilanz 18.30
12. Januar: Im Weißen Haus überschlagen sich die Ereignisse. Am Morgen veröffentlicht Bidens Sonderberater Sauber eine Erklärung, in der er die Entdeckung von geheimem Material in Wilmington bestätigt. Wegen des Fundortes in der Garage sprechen die Medien inzwischen nur noch von „garage gate“. Auf einer Pressekonferenz am Nachmittag gibt Justizminister Garland die Ernennung von Hur zum Sonderermittler bekannt. In seiner Rede erklärt er, dass Bidens Anwälte das Justizministerium über die Entdeckung des neuesten Dokuments in Wimington informiert haben. Noch am selben Abend entdeckt Sonderberater Sauber fünf zusätzliche Seiten mit geheimen Informationen.
14. Januar: Zwei Tage später legt Bidens Team die zusätzlichen Seiten offen, die am 12. Januar gefunden wurden. Sonderberater Sauber bestätigt, dass diese sofort an die zuständigen Ermittler des Justizministeriums übergeben wurden. Bidens persönlicher Anwalt Bauer veröffentlicht zudem einen detaillierten Zeitplan, um die Kooperation des Weißen Hauses in der Angelegenheit zu unterstreichen. Er fügt hinzu, dass das Team sich nicht sicher sei, ob alle relevanten Dokumente gefunden wurden.
Biden bereut Dokumentenumgang „nicht“ – auch bei Pence werden Papiere gefunden
19. Januar: US-Präsident Joe Biden bemüht sich die Wogen zu glätten. Er bereue es nicht, wie das Weiße Haus mit der Offenlegung der gefundenen Dokumente umgegangen sei, sagt Biden und betont die enge Zusammenarbeit mit dem Justizministerium. „Ich denke, sie werden feststellen, dass dort nichts ist“, bekräftigt er mit Blick auf die laufenden Ermittlungen. Eine Aussage, die schlecht altert …
20. Januar: Knapp dreizehn Stunden lang durchkämmen Mitarbeiter des Justizministeriums „alle Arbeits-, Wohn- und Lagerräume“ von Bidens Wohnhaus in Wilmington – und werden fündig. Das Justizministerium beschlagnahmt sechs Sets bestehend aus „Dokumenten mit Geheimhaltungskennzeichen und zugehörigen Materialien“. Zudem werden auch einige handschriftliche Notizen aus Bidens Zeit als Vizepräsident zur weiteren Überprüfung mitgenommen.
21. Januar: Am Tag danach veröffentlichen Bidens Anwälte eine Erklärung, in der sie die Durchsuchung vom 20. Januar offenlegen.
24. Januar: Die Affäre um Geheimdokumente aus früheren Regierungsjahren weitet sich aus. Auch im Wohnhaus des früheren Vizepräsidenten Mike Pence sind Medienberichten zufolge als geheim eingestufte Unterlagen entdeckt worden. Ein Anwalt des Republikaners habe in dessen Haus in Indiana vergangene Woche etwa ein Dutzend Dokumente gefunden, berichtet unter anderem der Sender „CNN“. Die Unterlagen seien inzwischen von der Bundespolizei abgeholt worden.
26. Januar: Nun schaltet sich auch das Nationalarchiv ein. Laut „CNN“-Bericht habe man alle noch lebenden Präsidenten und deren Vizes schriftlich darum gebeten, Zuhause nach geheimen Unterlagen Ausschau halten. In dem Schreiben werden die ehemaligen Staatsoberhäupter aufgefordert, ihre Akten zu überprüfen, um sicherzustellen, dass vermeintlich persönliches Material nicht „versehentlich“ Präsidentenunterlagen enthält
1. Februar: Das Justizministerium stattet nun auch Bidens Wochenendhaus in Rehoboth Beach einen Besuch ab. Dort seien jedoch keine weiteren Geheimdokumente gefunden worden, teilt Bidens Anwalt Bauer anschließend mit. Die Beamten hätten wie in Wilmington lediglich einige Materialien und handschriftliche Notizen aus Bidens Zeit als Vizepräsident genommen. Die Durchsuchung sei zwischen Ermittlern und Anwälten abgestimmt worden, mit voller Unterstützung des Präsidenten. Medienberichten zufolge war auch das FBI eingeschaltet.
Die Folgen für Trump, Biden und Pence
Welche Folgen die gefundenen Geheimdokumente für Biden, Pence und Trump haben, liegt nun in der Hand des Justizministeriums. Am meisten zu befürchten hat wohl Trump, weil er sich im Gegensatz zu Biden und Pence unkooperativ verhalten hat und die Dokumente nicht herausrücken wollte. Politisch dürfte es aber schwierig werden, den Ex-Präsidenten anzuklagen, den amtierenden jedoch nicht. Unangenehm ist das Thema auch für Pence, dem ebenfalls Ambitionen auf das Weiße Haus nachgesagt werden.
Für Biden kommen die Ermittlungen jedoch zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt. Eigentlich wollte der Demokrat den Schwung nach den Midterms nutzen und schon bald zur Ankündigung für eine mögliche erneute Präsidentschaftskandidatur ansetzen. Doch mit der Affäre um geheime Papiere in seiner Obhut, bekommt Bidens Image als anständiger und vertrauenswürdiger Mann im Weißen Haus Risse.
Ein Eindruck, der sich auch in den Augen der Öffentlichkeit festgesetzt hat: Laut einer „ABC“-Umfrage glauben 77 Prozent der Wählerinnen und Wähler, dass Trump sich im Umgang mit Geheimdokumenten falsch verhalten hat. Bei Biden sind es mit 64 Prozent nicht mehr viele weniger.
Quellen: „NY Times“, „Washington Post“, „CNN“, „CBS News“, „ABC“-Umfrage, mit DPA-Material
Lesen Sie mehr auf Quelle