Die Leichname von Lech Kaczynski und dessen Frau Maria waren die ersten, die mehr als sechs Jahre nach der Flugzeugkatastrophe von Smolensk exhumiert wurden. Mit der umstrittenen erneuten Untersuchung von 83 der insgesamt 96 Opfer soll geklärt werden, ob es sich wirklich um einen Pilotenfehler handelte. Jaroslaw Kaczynski, Chef der Regierungspartei PiS und Zwillingsbruder von Lech Kaczynski, ist der Ansicht, der Absturz der Präsidentenmaschine bei Smolensk in Russland 2010 sei auf einen Anschlag zurückzuführen.
Die Untersuchungen der sterblichen Überreste Lech Kaczynskis und seiner Frau sollen im forensischen Institut der Jaiellonia-Universität in Krakau erfolgen. DNA-Analysen sollen zum einen die korrekte Identifizierung der Opfer bestätigen, zum anderen werden die Leichname auf Explosions- und Brandspuren hin untersucht. Zur Exhumierung in der Krakauer Wawel-Burg kam polnischen Medienberichten zufolge auch Jaroslaw Kaczynski.
Eine erste Untersuchung unter der Leitung des damaligen Innenministers Jerzy Miller war zu dem Ergebnis gekommen, dass das Flugzeug am 10. April 2010 abstürzte, weil die Piloten trotz dichten Nebels zu landen versuchten. Eine Auswertung des Stimmrekorders hatte ergeben, dass mehrere Militär- und Regierungsvertreter die Piloten im Cockpit trotz des schlechten Wetters zur Landung drängten.
Mehr als 200 Angehörige protestieren in offenem Brief
In Polen ranken sich dennoch zahlreiche Verschwörungstheorien um den Absturz, bei dem ranghohe Militärs und Politiker ums Leben gekommen waren. Die PiS wirft ihren Vorgängern Fehler und Vertuschung bei den damaligen Ermittlungen vor. Viele Kaczynski-Anhänger glauben, an Bord habe es eine Explosion gegeben.
Gegen die Exhumierungen hatten mehr als 200 Angehörige in einem offenen Brief protestiert. Sie prangerten diese als „Grabschändung“ und einen „grausamen und rücksichtslosen Akt“ an.
Nach Ansicht von Kritikern nutzt die PiS die Tragödie für politische Zwecke. Mit der Exhumierung beachsichtige die Regierungspartei, die Ermittlungen in die Länge zu ziehen, das Misstrauen unter den Polen zu verstärken und mehr Anhänger für ihre Anschlags-Theorie zu gewinnen. „Aus der Smolensk-Katastrophe wurde eine politische Keule gemacht, mit der der politischen Konkurrenz der Kopf eingeprügelt wird“, sagte Ex-Präsident Bronislaw Komorowski dem Rundfunksender „Radio Zet“.
Präsident Andrzej Duda bezeichnete das Unglück als Staatsangelegenheit und bat die Angehörigen der Opfer um Verständnis. „Es ist die Rechtspflicht der Staatsanwaltschaft“, begründete er die Exhumierungen im Gespräch mit der Nachrichtenagentur PAP. Diese können die Ermittler auch gegen den Willen der Familien durchführen. Da Russland das Flugzeugwrack bislang nicht herausgegeben habe, seien die Leichname ein wichtiges Beweismittel.
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