«Fake News» und Hassrede

Berlin (dpa) – Die deutsche Politik droht Facebook mit hohen Bußgeldern, wenn Hassbotschaften nicht gelöscht werden. «Natürlich müssen wir am Ende auch über Bußgelder nachdenken, wenn andere Maßnahmen nicht greifen», sagte Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) der «Süddeutschen Zeitung».

Dies wäre für Facebook ein starker Anreiz zum raschen Handeln, sagte er. Die Meinungsfreiheit habe eben auch Grenzen: «Beleidigungen, Volksverhetzungen oder Verleumdungen haben bei Facebook nichts zu suchen.»

Zudem wird in Deutschland vor dem Jahr der Bundestagswahl auch der politische Druck auf Facebook stärker, härter gegen erfundene Nachrichten, sogenannte «Fake News» vorzugehen. Im US-Wahlkampf hatten die gefälschten Nachrichtenartikel, die zumeist zugunsten des künftigen Präsidenten Donald Trump ausfielen, Hochkonjunktur. Facebook kündigte am Donnerstag Maßnahmen gegen das Phänomen an, die zunächst in den USA umgesetzt werden sollen.

SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann forderte im «Spiegel», dass «marktbeherrschende Plattformen» wie Facebook gesetzlich verpflichtet werden, auf deutschem Boden eine an 365 Tagen rund um die Uhr erreichbare Rechtsschutzstelle einrichten müssen. Dort könnten sich Opfer von Hass, Häme und gefälschten Nachrichten melden. «Wenn Facebook nach entsprechender Prüfung die betroffene Meldung nicht unverzüglich binnen 24 Stunden löscht, muss Facebook mit empfindlichen Bußgeldern bis zu 500 000 Euro rechnen», sagte Oppermann dem Magazin.

Auf Wunsch von Betroffenen müssten Facebook & Co. zudem eine «Richtigstellung mit der gleichen Reichweite» im Netz verbreiten. Oppermann erklärte, er wolle gemeinsam mit Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) nach der Weihnachtspause aktiv werden.

Eine Diskussion entbrannte auch um die Idee, soziale Netzwerke unter das Presserecht zu stellen. Der medienpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Marco Wanderwitz (CDU), zeigte sich im «Handelsblatt» offen für einen Vorstoß seines Parteifreundes Ruprecht Polenz, Facebook bei der Haftung für Inhalte wie Presseverlage zu behandeln. «Der Vorschlag, das Presserecht auf soziale Medien auszudehnen, bedarf ebenso gründlicher Prüfung wie anderweitige Regulierungsansätze und gegebenenfalls Ansätze im Strafrecht», sagte er der Zeitung. Der Handlungsbedarf sei in den letzten Monaten «offensichtlich» geworden.

Der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) lehnte eine Ausdehnung des Presserechts auf Online-Netzwerke strikt ab. Bei Facebook und anderen Diensten handele es sich nicht um Medien, sondern um technologiegetriebene Plattformen. «Sie sollten betrachtet und reguliert werden wie beispielsweise Telekom-Firmen, die auch nicht dafür verantwortlich gemacht werden, was die Leute am Hörer erzählen», betonte eine Sprecherin.

«Ganz klar ist: Facebook, Twitter und andere Plattformen im Digitalen sind keine Medien. Deshalb kann für sie nicht das Presserecht gelten», sagte der DJV-Vorsitzende Frank Überall dem «Handelsblatt». «Aber es gibt längst die sogenannte Verbreiterhaftung, nach der der Betreiber eines Forums zu belangen ist, wenn strafrechtlich relevante Inhalte verbreitet werden.» Nötig seien daher keine neuen Gesetze, sondern eine konsequente Anwendung der bestehenden.

Zu dem Maßnahmen gegen «Fake News», die Facebook nach massiver Kritik für die USA ankündigte, gehört die Zusammenarbeit mit externen Fakten-Check-Spezialisten aus der Medienbranche. Außerdem solle es einfacher werden, Fake News zu melden, kündigte das weltgrößte Online-Netzwerk in einem Blogeintrag an.

Auch die Algorithmen, die darüber entscheiden, welche Artikel im Newsfeed der Mitglieder auftauchen, sollen angepasst werden. Wenn ein Beitrag von Nutzern nicht geteilt wird, nachdem sie ihn gelesen haben, könne das als Warnsignal in die Gewichtung einfließen, erläuterte der zuständige Facebook-Manager Adam Mosseri.

Schließlich wolle Facebook konsequenter die Einnahmequellen der Autoren gefälschter Nachrichten austrocknen. Im US-Wahlkampf sollen einige ein gutes Geschäft damit gemacht haben, aufsehenerregende Nachrichten zu erfinden: Sie wurden von Nutzern angesehen und weiterverbreitet – und die dabei angezeigte Werbung ließ bei den Autoren die Kassen klingeln. Mosseri schrieb, man sehe sich die Publisher an, um zu prüfen, ob ein Eingreifen des Online-Netzwerks notwendig sei.

Kritiker warfen Facebook vor, dass es mit den erfundenen Nachrichtenartikeln möglich geworden sei, das Wahlergebnis durch Lügen für Trump zu beeinflussen. Facebook-Chef Mark Zuckerberg bestritt, dass «Fake News» die Wahl entschieden hätten.

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