Warschau/Johannesburg – Polens Grenzschutz weist den Vorwurf zurück, wonach Afrikaner bei ihrer Flucht aus rassistischen Gründen zurückgewiesen worden seien. Entsprechende Berichte in sozialen Medien seien „Unfug“, sagte eine Behördensprecherin der Deutschen Presse-Agentur.
„Die Beamten des polnischen Grenzschutzes helfen allen Menschen, die aus dem Kriegsgebiet der Ukraine fliehen. Die Staatsangehörigkeit oder Nationalität spielen keine Rolle.“ Es würden täglich Menschen von mehreren Dutzend unterschiedlichen Nationalitäten an der Grenze abgefertigt, darunter auch Bürger von Staaten außerhalb der Schengen-Zone, aus Afrika und Asien.
In sozialen Medien machten am Wochenende Videos mit Szenen an der polnisch-ukrainischen Grenze die Runde, die nicht nur in Afrika für Empörung sorgten. Einige afrikanische Flüchtlinge hatten den Vorwurf erhoben, auf ukrainischer Seite tagelang in bitterer Kälte und ohne Versorgung von Grenzbeamten rüde am Passieren der Grenze gehindert worden zu sein, während weiße Flüchtlinge sie passieren konnten.
Nigeria äußert Besorgnis
Nigerias Außenminister Geoffroy Onyeama bat seine ukrainischen Kollegen um Aufklärung und betonte auf Twitter: „Ich habe meine Besorgnis über Informationen zu ukrainischen Grenzbeamten ausgedrückt, die die Ausreise nigerianischer Bürger behindern.“ Insgesamt sind offiziellen Angaben zufolge rund 6000 Nigerianer in der Ukraine.
Clayson Monyela vom südafrikanischen Außenministerium schrieb auf Twitter: „Südafrikanischen Studenten und anderen Afrikanern wurde übel mitgespielt an der ukrainisch-polnischen Grenze.“
Die Außenministerin des westafrikanischen Staates Ghana, Shirley Ayorkor Botchwey, sagte hingegen, dass Studenten aus ihrem Land bisher keine Probleme bei der Ausreise hatten. Insgesamt hätten 38 der bisher aus der Ukraine ausgereisten 220 Ghanaer problemlos die polnische Grenze überquert. Jedoch seien mehr als 460 Landsleute noch auf dem Weg aus der Ukraine in Nachbarländer.
Auch von der Regierung des ostafrikanischen Staates Somalia hieß es am Montag, es sei nichts über Probleme bei der Ausreise somalischer Bürger nach Polen bekannt.
Tausende Afrikaner als Studierende in Ukraine
Angesichts günstiger Kosten und guter Ausbildung studieren tausende junge Afrikaner in der Ukraine. Dabei handelt es meist um Studentinnen und Studenten aus Nigeria, Ghana, Kenia, Südafrika, Äthiopien, Somalia und anderen Staaten.
Mehr als 500.000 Menschen auf der Flucht
Seit Donnerstag – dem Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine – sind nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) mehr als 500.000 Menschen in benachbarte Länder geflohen. Das gab der UN-Hochkommissar für Flüchtlinge, Filippo Grandi, auf Twitter bekannt. Damit ist die Zahl der Flüchtlinge seit Sonntagabend um rund 80.000 angestiegen.
Außerdem sei im Zuge der russischen Invasion eine sechsstellige Zahl an Menschen innerhalb der Ukraine vertrieben worden, sagte UNHCR-Sprecher Chris Melzer. Eine genaue Schätzung der Binnenflüchtlinge sei derzeit nicht möglich.
Die meisten Flüchtlinge haben sich bislang nach Polen aufgemacht. Nach Angaben des polnischen Grenzschutzes waren es mehr als 281.000 seit Kriegsbeginn. Allein am Sonntag hätten fast 100.000 Flüchtlinge die Grenze passiert, sagte eine Sprecherin.
Die anderen wichtigen Zielländer sind laut UNHCR Rumänien, Moldau, Ungarn und die Slowakei.
1800 Geflüchtete in Deutschland angekommen
Deutschland haben in den vergangenen Tagen 1800 Flüchtlinge erreicht. Das sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums in Berlin. Dabei handelt es sich nach Angaben aus Sicherheitskreisen hauptsächlich um Ukrainer, aber auch einige Menschen aus anderen Staaten, beispielsweise ausländische Studenten.
Die Behörden in Deutschland seien dabei, humanitäre Hilfe auf den Weg zu bringen, sagte der Sprecher. So bereite sich das Technische Hilfswerk auf Transporte vor und beschaffe Hilfsgüter. Auf EU-Ebene spreche man über Hubs, also Knotenpunkte, wo medizinisches Material und Ausstattung nahe der Grenze zur Ukraine gebündelt werden solle. Auch für die Nachbarländer der Ukraine solle es Hilfe geben.
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