Regierungskrise in Italien

Rom (dpa) – Italien braucht nach dem Rücktritt von Ministerpräsident Matteo Renzi eine neue Regierung. Staatspräsident Sergio Mattarella will am Donnerstagnachmittag die Gespräche mit den Parteien im Parlament aufnehmen und sie bereits am Samstag abschließen, wie der Präsidentenpalast mitteilte.

Damit geht die von Renzis Niederlage beim Verfassungsreferendum am Sonntag ausgelöste Regierungskrise in die entscheidende Phase. Mattarella hatte am Mittwochabend Renzis Rücktrittsgesuch unter Vorbehalt angenommen, wie der Sekretär der Quirinale, Ugo Zampetti, am Abend in Rom mitteilte. Mattarella bat die Regierung, die laufenden Geschäfte vorläufig weiterzuführen.

Renzi bleibt zwar Parteichef der Sozialdemokraten (PD), wird an den Gesprächen mit Mattarella über eine neue Regierung aber nicht teilnehmen. Drei Tage nach seiner Schlappe beim Verfassungsreferendum hatte er seinen Rücktritt offiziell beim Präsidenten eingereicht. Am Montagabend hatte dieser Renzi gebeten, seinen Rücktritt bis zur Verabschiedung des Haushaltsgesetzes für 2017 im Parlament aufzuschieben. Der Senat kam schon am Mittwoch zusammen und billigte das sogenannte Stabilitätsgesetz.

Mattarella steht vor einer schweren Aufgabe in einer noch immer aufgeheizten Stimmung nach dem Referendum, das die politischen Lager konfrontierte und die Gesellschaft spaltete. Der Präsident muss eine Lösung finden, mit der die Parteien im Parlament leben können – mindestens bis zu Nuewahlen im kommenden Jahr, maximal bis zu den regulären Parlamentswahlen 2018.

Er muss mit seiner Entscheidung aber auch die Märkte beruhigen. Wirtschaftlich ist die drittgrößte Volkswirtschaft der Euro-Zone schwer angeschlagen, Italien hat Staatsschulden von mehr als zwei Billionen Euro, und die angeschlagenen Banken wie Monte dei Paschi di Siena sitzen auf faulen Krediten in Milliardenhöhe.

Noch ist unklar, wer auf den 41-jährigen Florentiner Renzi folgt. Als ein Favorit wird der parteilose bisherige Wirtschafts- und Finanzminister Pier Carlo Padoan gehandelt. Mattarella könnte sich auch für Senatspräsident Pietro Grasso entscheiden. Der 71-Jährige Jurist und Staatsanwalt war einst Mafia-Jäger und hatte vor der Vereidigung Mattarellas Ende Januar 2015 dessen Posten übergangsweise inne. Weitere Namen sind Kulturminister und PD-Schwergewicht Dario Franceschini und Verkehrsminister Graziano Delrio.

Der Opposition, die sich als Sieger des Referendums feiert, kann es mit Blick auf Wahlen nicht schnell genug gehen. Der Chef der fremdenfeindlichen Lega Nord forderte umgehend Neuwahlen. «Wenn es innerhalb einer Woche keine klare Antwort zur Wahl gibt, gehen wir auf die Straße», sagte Matteo Salvini. Die eurokritische Fünf-Sterne-Bewegung kündigte an, ihren Spitzenkandidat per Online-Voting bestimmen zu wollen. Ihr prominenter Anführer Beppe Grillo kommt dafür nicht in Frage, er ist wegen fahrlässiger Tötung vorbestraft und darf nicht im Parlament sitzen.

Das Verfassungsgericht wird aber erst am 24. Januar über das neue Wahlgesetz befinden, gegen das mehrere Klagen anhängen. Dieses Gesetz von 2015 gilt nur für das Abgeordnetenhaus. Nach der beim Referendum gescheiterten Verfassungsreform wäre der Senat nämlich nicht mehr direkt gewählt worden. Italienischen Medien zufolge ist es für Mattarella unvorstellbar, dass beide Kammern nach unterschiedlichen Gesetzen gewählt würden.

Bei der Suche nach einer neuen Regierung werde die PD Mattarella zur Seite stehen, sagte Renzi bei einer Vorstands-Sitzung seiner Partei in Rom. Als Parteichef könnte er bei den nächsten Parlamentswahlen als PD-Spitzenkandidat wieder ins Rennen gehen.

Das jetzige Parlament war im Februar 2013 für fünf Jahre gewählt worden. Renzi wurde erst ein Jahr später Regierungschef, nachdem er seinen Parteifreund Enrico Letta aus dem Amt gedrängt hatte. Er führte die 65. italienische Nachkriegsregierung, beziehungsweise die 63. seit Gründung der Republik 1946 und war fast drei Jahre im Amt – so lange wie nur wenige Ministerpräsidenten des Landes vor ihm.

Der Sozialdemokrat hatte kurz nach Bekanntwerden erster Prognosen über den Ausgang des Referendums vom Sonntag die Konsequenz aus seiner Niederlage gezogen und seinen Rücktritt angekündigt. Fast 60 Prozent der Wähler hatten seine Reformpläne abgelehnt.

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