Die Italiener haben gegen eine Verfassungsänderung gestimmt, Ministerpräsident Matteo Renzi kündigte daraufhin für Montag seinen Rücktritt an. Zahlreiche Politiker haben noch in der Nacht zu Montag auf die Ereignisse in Italien reagiert. Der Überblick.
„Wir haben es nicht geschafft, die Mehrheit unserer Bürger zu überzeugen“, sagte Matteo Renzi selbst. „Ich habe verloren, und das sage ich laut aber mit einem Knoten im Hals, weil ich kein Roboter bin.“ Die Gegner der von ihm vorangetriebenen Verfassungsreformen hätten einen „außerordentlich deutlichen“ Sieg errungen. Zuvor hatte er getwittert: „Dennoch danke an alle. Es lebe Italien!“
Fünf-Sterne-Anführer Beppe Grillo schrieb in seinem Blog: „Die Italiener sollten schnellstens zur Wahl gerufen werden.“ Nach dem Referendum jubelte er: „Hurra! Die Demokratie hat gewonnen.“ Seine Parteikollegin, die römische Bürgermeisterin Virginia Raggi, erklärte: „Jetzt bauen wir das Land wieder auf. Unsere Revolution macht nicht in Rom und Italien halt.“
Die Rechtspopulisten der Lega Nord sahen sich als Sieger des Referendums. Wenn sich die Prognosen bewahrheiten sollten, sei es ein „Sieg des Volkes gegen die starken Mächte“, sagte Parteichef Matteo Salvini. Lega Nord hatte die Verfassungsreform bekämpft.
Beifall bekam Salvini von der französischen Rechtspopulistin Marine Le Pen: „Bravo an unseren Freund @matteosalvinimi für diesen Sieg“, twitterte sie am späten Sonntagabend. „Die Italiener haben die EU und Renzi verurteilt. Man muss diesem Durst nach Freiheit der Nationen und nach Schutz zuhören.“
Frankreichs Präsident François Hollande sagte, er respektiere Renzis Entscheidung und bringe ihm all seine Sympathie entgegen. Er teile den Willen des Italieners, Europa in Richtung Wachstum und Beschäftigung zu orientieren. Er hoffe außerdem, dass Italien die Kräfte finde, um diese Situation zu überwinden, sagte Hollande. Er hatte vor wenigen Tagen erklärt, auf eine zweite Amtszeit zu verzichten.
„Ich sehe keine Niederlage für Europa“, sagte Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn zum Ausgang des Referendums. „Italien hat über eine Reform abgestimmt. Es wäre falsch, das jetzt auf die europäische Ebene zu ziehen. Das war eine innenpolitische Auseinandersetzung.“ Allerdings befürchtet er Turbulenzen für den Euro, sollte es in Italien eine längere Phase der Unsicherheit geben, sagte Asselborn. „Für den Euro wäre es schlecht, wenn sich die Regierungskrise lange hinzöge.“
Auch der Grünen-Europaabgeordnete Sven Giegold warnte davor, das Nein der Italiener zur Verfassungsreform mit einem Nein zu Europa gleichzusetzen. „Schmeißt nicht alles durcheinander!“, schrieb der Politiker in der Nacht zum Montag bei Twitter. Es habe sich um eine Abstimmung über eine Verfassungsänderung und den italienischen Ministerpräsidenten Matteo Renzi gehandelt – nicht über Europa.
Der Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir fürchtete „unnötige Turbulenzen“ für Italien und die Europäische Union. Im Detail sei aber an der Verfassungsreform sicher manches kritikwürdig gewesen, schrieb er bei Twitter. Renzi habe mit seiner Drohung, im Falle einer Niederlage zurückzutreten, die Kritiker des Vorhabens vor eine unmögliche Wahl gestellt, schrieb Grünen-Chefin Simone Peter bei Twitter. „Selbstaufgabe o. Chaos. Ein Debakel.“
Ihre Parteikollegin Renate Künast twitterte mit Blick auf das „Nein“ zur Reform: „Hätte ich mir vor 20 Jahren nicht vorstellen können, dass die #EU mit der ich selbstverständlich aufwuchs, so infrage gestellt ist.“
Linken-Chef Bernd Riexinger machte Renzi mitverantwortlich für das Scheitern der Reform, da er sein politisches Schicksal an den Ausgang des Referendums geknüpft habe. „Ministerpräsident Renzi wollte mit dem Referendum einen Demokratieabbau vorantreiben, um sein neoliberales Programm durchzusetzen“, erklärte Riexinger. „Der Theaterdonner, die Katastrophenszenarien wie der Untergang des italienischen Bankensektors, das Heraufbeschwören eines „Italexit“ haben für eine sehr polarisierte Stimmung gesorgt.“
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