Die Türkei zieht offenbar Konsequenzen aus der verzögerten Ausreise einer türkischen Parlamentarierin aus Deutschland. Laut türkischen Medienberichten gilt seit Mittwoch eine Regierungsanordnung, wonach Deutsche mit Diplomatenpass bei der Passkontrolle am Istanbuler Atatürk-Airport ausführlich befragt werden sollen.
Erst nach einer einstündigen „detaillierten Prüfung und Untersuchung“ soll ihnen die Einreise in die Türkei erlaubt werden, berichtet die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu. Auch bei Ausreisen sollen Befragungen stattfinden. Vier deutsche Diplomaten hätten deswegen bereits ihr Flugzeug verpasst.
Hintergrund des Schritts ist, dass die Vizepräsidentin des türkischen Parlaments, Ayşe Nur Bahçekapılı von der Regierungspartei AKP, Anfang Dezember wegen fehlender Papiere zeitweise am Flughafen Köln-Bonn festgehalten wurde. Der Vorfall hatte in der Türkei für Empörung gesorgt. Präsident Recep Tayyip Erdoğan machte Deutschland schwere Vorwürfe: „Ihr empfangt Terroristen als Gast in eurem Land. Aber die stellvertretende türkische Parlamentsvorsitzende dieses Landes und ihre Delegation lasst ihr dort stundenlang an der Tür warten.“
Erdoğans Sprecher forderte am Donnerstag von Deutschland eine zufriedenstellende Erklärung für die Behandlung Bahçekapılıs. „Wir erwarten, dass sie ihrerseits ermitteln, wie sich der Vorfall zugetragen hat, und diesbezüglich die nötigen Schritte gegen die betroffenen Personen unternehmen“, sagte Ibrahim Kalin.
Schweizer in Diyarbakır aufgehalten
Die Regelung betrifft offenbar nicht nur den Istanbuler Flughafen. Zwei Korrespondenten des Schweizer Fernsehens wurden nach eigenen Angaben am Flughafen in Diyarbakır vorübergehend an der Ausreise gehindert, weil sie für Deutsche gehalten wurden. Das Gepäck der Journalisten sei „bis auf die Schmutzwäsche“ durchsucht worden, sagte die Türkei-Korrespondentin des SRF, Ruth Bossart. Dabei sei ausdrücklich Bezug auf die verzögerte Ausreise von Bahçekapılı genommen worden. „Wenn euer Land das unseren Bürgern antut, dann machen wir das auch mit seinen Bürgern“, sei ihnen sinngemäß mitgeteilt worden, sagte Bossart.
Die Bundespolizei Nordrhein-Westfalen hat die verzögerte Ausreise von Bahçekapılı bestätigt. Demnach konnte Bahçekapılı am 1. Dezember am Flughafen Köln-Bonn nur vorläufige Papiere vorweisen. Aus diesen sei der Diplomatenstatus nicht erkennbar gewesen, teilte die Bundespolizei mit. Daher hätten die Beamten Kontakt mit dem türkischen Generalkonsulat aufgenommen, um den Status zu überprüfen. „Der Vorgang hat maximal eine Dreiviertelstunde gedauert“, sagte ein Sprecher der Bundespolizei.
Nach Erdoğans Worten war Bahçekapılı bei ihrer Reise in Deutschland unter anderem der Pass gestohlen worden. Sie habe sich jedoch vorübergehende Papiere bei der Botschaft besorgt und sei trotzdem an der Ausreise gehindert worden. Erdoğan forderte deshalb Schritte gegen das verantwortliche Flughafenpersonal. Andernfalls würden deutsche Abgeordnete in Zukunft „genauso behandelt“.
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