Möglicherweise entscheidendes Gespräch in Schloss Bellevue: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier empfängt heute den SPD-Vorsitzenden Martin Schulz, um Auswege aus der Regierungskrise zu erörtern. Nach dem Scheitern der Jamaika-Verhandlungen könnte Steinmeier die SPD auffordern, Gespräche mit der Union zu führen. Im Bundestag hätten CDU, CSU und SPD eine Mehrheit zur Bildung einer erneuten großen Koalition. Die SPD favorisiert aber offenbar eine Minderheitsregierung. Steinmeier, langjähriger SPD-Außenminister, wird heute zudem mit Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) beraten.
Die Nachrichten zu den Regierungsverhandlungen im Ticker:
s 12.06 Uhr: CSU-Minister Müller: SPD darf sich nicht verweigern s
Bundesentwicklungsminister Gerd Müller hat an die SPD appelliert, sich nicht länger gegen eine Neuauflage der großen Koalition zu sträuben. „Ich glaube, dass die SPD ihrer staatspolitischen Verantwortung gerecht werden sollte“, sagte der CSU-Politiker in Berlin. Die Hürden für Neuwahlen seien in Deutschland sehr hoch. Außerdem „kann man nicht wählen, bis einem das Ergebnis passt“, gab der geschäftsführende Minister zu bedenken.
Aus seiner Sicht wäre auch eine von der Union geführte Minderheitsregierung keine gute Lösung. „Sich jeden Tag neue Mehrheiten zu suchen, das führt uns in neue Probleme hinein“, sagte Müller, der in den vergangenen Wochen an den Jamaika-Sondierungen zu Außenpolitik, Verteidigung und Entwicklungspolitik beteiligt gewesen war.
s 10.29 Uhr: Unionsfraktionschef Kauder hofft auf erneute große Koalition s
Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) hofft auf eine Neuauflage der großen Koalition. Nur eine „stabile Koalitionsregierung“ könne „ein abgewogenes Politikkonzept“ umsetzen, sagte Kauder der „Südwest-Presse“. „Deswegen würde ich mich freuen, wenn sich die bisherigen Partner in der Bundesregierung wieder zusammenfänden. Die vergangene große Koalition hat gute Arbeit gemacht, zu der die Union auch immer gestanden hat.“
s 8.30 Uhr: Verfassungsrechtler: „Neuwahlen sind undemokratische Haltung“ s
Vor dem Hintergrund der Debatte über mögliche Neuwahlen hat der Verfassungsrechtler Ulrich Battis die Parteien im Bundestag zur politischen Verantwortung ermahnt. „Wir haben gerade erst eine Bundestagswahl gehabt“, sagte er der „Rhein-Neckar-Zeitung“ vom Donnerstag. „Da können die Parteien nicht erklären: Das Wahlergebnis passt uns nicht.“ Neuwahlen seien eine „zutiefst undemokratische Haltung“. Eine Minderheitsregierung schließt der Verfassungsrechtler nicht kategorisch aus. Nur weil es das im Bund bisher noch nicht gegeben habe, sei das nicht abwegig. „Das wäre keine Katastrophe“, sagte Battis. Wer aber jetzt Neuwahlen fordere, „der redet eine Staatskrise herbei“.
s 7.25 Uhr: Göring-Eckardt hält Minderheitsregierung nicht für sinnvoll s
Die Grünen können sich die Unterstützung einer Minderheitsregierung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) derzeit nicht vorstellen. „Ich sehe derzeit nicht, wie das sinnvoll gehen soll“, sagte Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt der „Bild“-Zeitung. „Wenn so etwas funktionieren soll, dann braucht es für unsere Projekte auch entsprechende Mehrheiten und das ist im heutigen Bundestag nicht der Fall.“ Als Beispiel nannte Göring-Eckardt den Kohleausstieg: „Da würden weder FDP noch SPD mitmachen.“ Der wirtschaftspolitische Sprecher der Grünen, Dieter Janecek, sagte der „Bild“, seine Partei würde sich Gesprächen über eine Minderheitsregierung aber nicht verweigern. „Natürlich sind wir gesprächsbereit“, sagte er. „Aber dafür müsste uns die Union erst einmal ein Angebot machen.“
s 6.20 Uhr: Lindner schließt Jamaika-Verhandlungen auch nach Neuwahlen aus s
Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner schließt neue Verhandlungen über die Bildung einer Jamaika-Koalition auch nach einer möglichen Neuwahl des Bundestages aus. „Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Grünen auf Bundesebene ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht möglich“, sagte er dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ zur Begründung. „Die Steine, die sie uns jetzt hinterherwerfen mit Verschwörungstheorien und Verunglimpfungen, wir seien eine rechtspopulistische Partei, bestätigen mich in dieser Bewertung.“ Das Thema der Duldung einer Minderheitsregierung stelle sich derzeit nicht. Er sei generell „kein Freund von Minderheitsregierungen“, sagte Lindner. Die FDP haben keinen Grund, Neuwahlen zu fürchten. „Das wiederhole ich auch jetzt, wo die FDP in der öffentlichen Meinung in eine gewisse Defensive geraten ist.“ Dass die Mehrheit der Menschen nun der FDP die Schuld am Scheitern von Jamaika geben, sieht Lindner gelassen: „Ich war mir über die Folgen unserer Entscheidung im Klaren.“
s 4 Uhr: Seehofer will Zukunftspläne bekanntgeben s
Nach dem Aus für Jamaika und wochenlangen parteiinternen Machtkämpfen will der CSU-Vorsitzende und bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer heute seine Zukunftspläne bekanntgeben. Für 12 Uhr ist eine Sitzung der Landtagsfraktion angesetzt, abends um 18 Uhr eine Sitzung des Parteivorstands. Möglicherweise muss sich die CSU bis abends gedulden: Der Vorstand sei „der richtige Platz“ zur Bekanntgabe seiner Pläne und Vorschläge, hatte Seehofer zuletzt gesagt. Allerdings ist damit zu rechnen, dass auch die Fraktion nicht nur über das Ende der Jamaika-Gespräche, sondern auch über die drängenden personellen Fragen diskutieren will. CSU-Vize Barbara Stamm mahnte ihre Partei: „Wir müssen uns jetzt alle unserer Verantwortung bewusst sein. Da kann sich keiner ausschließen und keiner abseits stellen.“
s 1 Uhr: NRW-SPD-Chef: „Stabilitätspakt“ zur Stützung von Minderheitsregierung denkbar“ s
Der Chef der nordrhein-westfälischen SPD, Michael Groschek, hat sich offen für einen „Stabilitätspakt“ mit der Union gezeigt, um eine Minderheitsregierung auf Bundesebene zu ermöglichen. „Eine Minderheitsregierung hat in Hessen und NRW gut funktioniert“, sagte Groschek dem „Kölner Stadt-Anzeiger„. Für den Bund könne er sich „vorstellen, dass die SPD mit der Minderheitsregierung einen Stabilitätspakt vereinbart“, der ein gemeinsames Vorgehen in zentralen Fragen regele. Als mögliche Felder der Zusammenarbeit zwischen SPD und einer Minderheitsregierung der Union nannte Groschek „die Förderung der strukturschwachen Kommunen, die Einführung eines Einwanderungsgesetzes, die Sicherung der Renten und eine gerechte Steuerpolitik“.
Read more on Source