Rund zwei Wochen nach den Parlamentswahlen steuert Rumänien auf die nächste Krise zu. Der rumänische Präsident Klaus Iohannis lehnte die von den Sozialdemokraten (PSD) vorgeschlagene Politikerin Sevil Shhaideh als neue Ministerpräsidentin ab.

„Ich habe den Vorschlag gründlich abgewogen und bin zu dem Entschluss gelangt, ihn nicht anzunehmen“, sagte er in einer kurzen Stellungnahme. Zugleich forderte er die PSD und ihren Koalitionspartner, die kleine liberale Partei ALDE, auf, eine andere Person für das höchste Regierungsamt zu benennen. Bei der Parlamentswahl am 11. Dezember erreichten die PSD und ALDE eine Mehrheit.

Die 52-jährige Verwaltungsexpertin Shhaideh, die der tatarischen Minderheit in Rumänien angehört und sich zum Islam bekennt, galt als eine Art Platzhalterin für den Parteichef der Sozialdemokraten, Liviu Dragnea. Nach dem geltenden Unvereinbarkeitsgesetz darf dieser nicht Regierungschef werden, weil er wegen Wahlmanipulationen vorbestraft ist. Die Opposition hatte eine zu große Nähe Shhaidehs zu Dragnea kritisiert.

Shhaideh wäre die erste Frau an der Spitze einer rumänischen Regierung gewesen – und die erste Muslima in diesem Amt in einem EU-Land. Sie war im vergangenen Jahr mehrere Monate lang Entwicklungsministerin, hat sonst aber kaum politische Erfahrung. Den Amtseid hatte sie damals auf den Koran abgelegt. Für Irritationen sorgte, dass sich ihr aus Syrien stammender Ehemann in den sozialen Medien als Anhänger des syrischen Diktators Baschar al-Assad geäußert hatte.

Sozialdemokraten könnten Verfassungsgericht anrufen

„Wir sind alle von dieser Entscheidung überrascht worden“, sagte der PSD-Vizevorsitzende Paul Stanescu. Der Schritt des Präsidenten sei als „Beginn einer Krise“ zu werten, fügte er hinzu.

„Die zuständigen Parteigremien werden sich in Kürze damit befassen und den Vorgang in aller Ruhe diskutieren“, sagte Stanescu in seiner Mediafax-Erklärung. Beobachter halten es nicht für ausgeschlossen, dass sich die Sozialdemokraten an das Verfassungsgericht wenden werden.

Ehemann verehrt den syrischen Machthaber Assad

Dragnea hatte bei der Nominierung Shhaidehs keine Zweifel daran gelassen, dass er die Regierung kontrollieren werde. Zugleich gehen rumänische Medien davon aus, dass die PSD das Unvereinbarkeitsgesetz ändern wird, um Dragnea den Weg an die Regierungsspitze freizumachen.

In Rumänien amtierte zuletzt eine Regierung von Fachleuten unter Vorsitz des ehemaligen EU-Landwirtschaftskommissars Dacian Ciolos. Im November 2015 waren Ministerpräsident Victor Ponta und seine sozialdemokratisch geführte Regierung nach Massenprotesten und Korruptionsvorwürfen zurückgetreten. Auslöser der Proteste war ein verheerender Brand in einer Diskothek in der Hauptstadt Bukarest, bei dem 64 Menschen ums Leben kamen.

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