Zwei angeblich russische Gruppen haben sich zu dem Angriff auf die russische Region Belgorod von der Ukraine aus bekannt. Es war die größte Attacke auf Russland seit Beginn des Krieges. Was bisher über die Angreifer bekannt ist.
Die Milizen hinter dem Angriff auf Belgorod
Das „Russische Freiwilligenkorps“ trat im März mit der Behauptung in Erscheinung, in der Grenzregion Brjansk erstmals nach Russland eingedrungen zu sein. Angeführt wird es von Denis Nikitin (eigentlich Kapustin), einer bekannten Figur in der Hooligan- und rechtsextremen Szene. Der gebürtige Russe Kapustin hatte seinen Wohnsitz nach Angaben des nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzes fast 20 Jahre lang in Nordrhein-Westfalen, seine Aufenthaltserlaubnis erlosch aber 2019. Demnach lebt er seit 2019 in der Ukraine. Russland stuft ihn als „Terroristen“ ein.
Zu Kriegsbeginn habe Kapustin auf seinem Telegram-Kanal auf Deutsch und Englisch dazu aufgefordert, in die Ukraine zu kommen, um an der Seite Kiews zu kämpfen, heißt es im Verfassungschutzbericht 2022.
Der Gründer der rechtsextremistischen Kampfsportmarke „White Rex“ tauchte schon in den Jahren zuvor in den Berichten der Behörde mit seinem Label als Organisator von Kampfsport-Veranstaltungen auf: Mit „White Rex“ sei er „europaweit aktiv“ und habe „maßgeblich dazu beigetragen, „die rechtsextremistische Kampfsportszene zu professionalisieren“, schreibt die nordrhein-westfälische Behörde etwa im Jahr 2019. Kapustin habe auch Kampfsporttrainings in Deutschland und anderen europäischen Ländern angeleitet.
Auch die zweite am Angriff in Belgorod beteiligte Miliz, die Anfang 2022 gegründete Truppe „Freiheit Russlands“, wird von Moskau als „terroristisch“ eingeordnet. Ihr politischer Anführer ist der ehemalige russische Parlamentsabgeordnete Ilja Ponomarjow, der 2014 als einziger gegen die Annexion der Krim gestimmt hatte und anschließend in die Ukraine auswanderte.
In der Berichterstattung der ukrainischen Medien über den jüngsten Angriff in Belgorod stand ein Vertreter der Miliz mit Decknamen „Caesar“ im Vordergrund. Die Nachrichtenagentur AFP hatte ihn im Dezember an der Ostfront der Ukraine interviewt.
Er kämpfe „gegen das Regime von Wladimir Putin“, sagte er damals und bezeichnete sich als russischen Patrioten und „rechten Nationalisten“. Er stamme aus St. Petersburg und sei Physiotherapeut. Das russische Investigativ-Portal Agentstvo rechnet ihn der rechtsextremen nationalistischen Szene zu. Beide Gruppen geben an, über hunderte Kämpfer zu verfügen.
Die Ziele der Angreifer
Erklärtes Ziel beider Gruppen ist es, Kreml-Chef Wladimir Putin zu stürzen. Das „Russische Freiwilligenkorps“ unternimmt eigenen Angaben zufolge Aufklärungs- und Sabotageaktionen auf russischem Gebiet. Die Einsätze in der Ukraine würden mit der ukrainischen Armee koordiniert, auf russischem Territorium agiere das Korps unabhängig, hatte ein Kämpfer mit Decknamen „Fortune“ im März AFP gesagt. Das Korps kämpfe für „einen russischen Nationalstaat auf dem Gebiet der mehrheitlich von ethnischen Russen bewohnten Regionen“, sagte einer seiner Vertreter, Wladimir „Kardinal“, dem unabhängigen russischen Onlinemedium Sota im April.
Die Miliz „Freiheit für Russland“ bezeichnet sich selbst als eine Gruppe von „Partisanen“, die „ein neues, freies Russland“ aufbauen wolle. Auf ihrer Website heißt es, die Gruppe organisiere Anschläge auf die russische Militär- und Eisenbahninfrastruktur. „Caesar“ kündigte nach dem Angriff in Belgorod im ukrainischen Fernsehen an, das Ausmaß der Einsätze würde „mit der Zeit zunehmen“.
Angriff auf Belgorod: Der Krieg kommt nach Russland 13.00
Ihre Ausrüstung
Kiew spricht von einem „internen“ Problem Russlands und schweigt über mögliche Verbindungen zu den beiden Gruppen, die selbst auch keine Auskunft über ihre Finanziers geben. Ponomarjow sagte dem britischen Radiosender LBC diese Woche, dass die Ukrainer „uns bei der Ausbildung unserer Streitkräfte helfen und uns mit der notwendigen Ausrüstung versorgen“. Die Miliz gab auf Twitter an, über französische RT61-Mörser zu verfügen.
Bei dem Angriff der Milizen in Belgorod waren den russischen Behörden zufolge Mörser, Artillerie und Drohnen im Einsatz. Die Angreifer selbst veröffentlichten Videos aus einem gepanzerten Truppentransporter, der angeblich vom russischen Inlandsgeheimdienst FSB stammt, der die Grenzschutztruppen kontrolliert.
Die Reaktion Russlands
Der Kreml betonte, es handele sich bei den Angreifern um ukrainische Kämpfer und nicht um russische Aufständische. Moskau beschuldigt Kiew, den Überfall geplant zu haben, um von der eigenen Niederlage im ostukrainischen Bachmut abzulenken. Der populäre Telegram-Kanal Rybar erklärte zu den Angriffen, die Ukraine verfolge damit das Ziel, in Russland „Panik zu verbreiten“.
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