Russische Invasion – Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Russische Invasion – Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Kiew/Moskau (dpa) – Russland stellt sich nach Kremlangaben auf lange Verhandlungen mit der Ukraine für eine Beendigung des Krieges ein. Es stehe eine „ziemlich lange Arbeit“ bevor, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Mittwoch.

Einen Durchbruch habe es bei den Verhandlungen der Delegationen aus Moskau und Kiew am Dienstag in Istanbul nicht gegeben. Positiv sei aber gewesen, dass die ukrainische Seite erstmals überhaupt etwas Schriftliches auf Papier vorgelegt habe. „Das war uns bisher noch nicht gelungen“, sagte Peskow.

Die Ukraine ist demnach bereit, auf einen Nato-Beitritt zu verzichten und einen neutralen Status einzunehmen – unter Gewährung von Sicherheitsgarantien von Drittstaaten, darunter die USA. „Wir sind zur Pragmatik übergegangen. Das ist die Schlüsselsache“, sagte Präsidentenberater Mychajlo Podoljak am Mittwoch im ukrainischen Fernsehen. Er hatte erklärt, dass Kiew auch bereit sei, auf eine gewaltsame Rückholung der 2014 von Moskau annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim zu verzichten.

Krieg wird fortgesetzt

Russland setzt den Krieg in der Ukraine auch nach Fortschritten in den Verhandlungen mit neuen Angriffen fort. Die russische Ankündigung, Kampfhandlungen bei Kiew zu drosseln, ist in der Ukraine und im Westen mit viel Skepsis aufgenommen worden. „Diese Signale übertönen nicht die Explosionen russischer Geschosse“, sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj.

Unterdessen rechnet der ukrainische Generalstab nicht mit einem großangelegten Abzug russischer Truppen aus Gebieten nahe der Hauptstadt Kiew. Der Gegner habe wegen seiner Verluste wohl nur „vorübergehend das Ziel aufgegeben, Kiew zu blockieren“, hieß es am Mittwochmittag. Stattdessen gruppierten sich die russischen Truppen um und konzentrierten sich auf Angriffe im Osten und Süden der Ukraine. Bestätigt wurde ein Teilrückzug russischer Einheiten von dem Ort Browary, der östlich der Millionenstadt Kiew liegt.

Pentagon-Sprecher John Kirby sagte, es sei bislang nur zu beobachten, dass sich „eine sehr kleine Zahl“ russischer Truppen nördlich von Kiew von der ukrainischen Hauptstadt wegbewege. „Wir glauben, dass es sich um eine Repositionierung handelt, nicht um einen Abzug, und dass wir alle vorbereitet sein sollten, eine größere Offensive gegen andere Teile der Ukraine zu erwarten.“ Kiew könne weiter mit Raketen beschossen werden: „Die Bedrohung für Kiew ist nicht vorbei.“

London: Russische Einheiten stellen sich neu auf

Auch nach Einschätzung britischer Geheimdienste zogen sich einige russische Einheiten nach schweren Verlusten nach Belarus und Russland zurück, um Nachschub zu organisieren und sich neu aufzustellen. Man rechne damit, dass Moskau seine geschwächte Kampfstärke am Boden durch verstärkte Raketenangriffe kompensieren werde.

Das russische Militär zerstörte nach eigenen Angaben mit Raketen zwei Munitionslager im ostukrainischen Gebiet Donezk. Insgesamt seien binnen 24 Stunden 64 militärische Objekte der Ukraine zerstört worden, sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums.

Kiew hofft auf drei humanitäre Korridore in Südostukraine

Der ukrainischen Regierung zufolge waren für Mittwoch drei humanitäre Korridore im Südosten des Landes geplant. Dabei handele es sich um Fluchtrouten aus den Städten Berdjansk am Asowschen Meer und Melitopol, teilte Vizeregierungschefin Iryna Wereschtschuk mit. Dafür würden Busse in die umkämpften Städte fahren. Zudem würden Hilfsgüter in die Städte gebracht. Zusätzlich sei ein Korridor für Zivilisten aus der Atomkraftwerksstadt Enerhodar vereinbart worden.

UNHCR: Mehr als vier Millionen Menschen geflüchtet

Die Zahl der aus der Ukraine geflüchteten Menschen überschritt die Marke von vier Millionen. Seit Beginn der russischen Invasion am 24. Februar verließen 4,02 Millionen Menschen das Land, wie das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR meldete. Zusätzlich sind nach Schätzungen rund 6,5 Millionen Menschen innerhalb der Ukraine auf der Flucht. Die weitaus meisten der ins Ausland Geflüchteten (2,34 Millionen) wurden in Polen gezählt, gefolgt von Rumänien (609.000).

Geberkonferenz will Geld für Geflüchtgete sammeln

Eine Geberkonferenz will in der kommenden Woche Geld für die Millionen Ukraine-Flüchtlinge sowie die im Land vertriebenen Menschen sammeln. Weil Polen bei der Unterstützung der Geflüchteten eine entscheidende Rolle spiele, werde das Event am 9. April in Warschau stattfinden, teilte die EU-Kommission mit. Es werde von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und dem kanadischen Premier Justin Trudeau einberufen. Die deutsche Politikerin werde an der Seite des polnischen Präsidenten Andrzej Duda teilnehmen, Trudeau aus der Ferne.

Schwesig sieht Nord Stream 2-Engagement als Fehler

Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) bezeichnete ihre jahrelange Unterstützung der russischen Erdgaspipeline Nord Stream 2 nachträglich als falsch. Auch die Gründung der Klimaschutzstiftung Mecklenburg-Vorpommern, in die 20 Millionen Euro von Nord Stream 2 geflossen sind, sei aus heutiger Sicht ein Fehler gewesen, sagte Schwesig am Mittwoch in Schwerin bei ihrem ersten öffentlichen Auftritt nach sechswöchiger Krankheit.

Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz hielt früheren deutschen Regierungen eklatante Irrtümer bei der Einschätzung von Kreml-Chef Putin vor. Als Beispiele nannte er den schlechten Zustand der Bundeswehr und die immer größere Abhängigkeit von russischem Gas. Der größte Fehler sei gewesen, das Gesuch der Ukraine auf Aufnahme in die Nato abzulehnen, schrieb Merz in einem Gastbeitrag für „Die Zeit“.

USA: Amerikaner könnten in Russland festgehalten werden

In einer ungewohnt harten Reisewarnung wies das US-Außenministerium alle Amerikaner darauf hin, dass sie bei Reisen in Russland von den Sicherheitsbehörden festgesetzt werden könnten. Angesichts der russischen Invasion in die Ukraine sei „das Potenzial für Belästigung von US-Bürgern“ durch russische Sicherheitsdienste gestiegen, ebenso wie für das gezielte Heraussondern und Festsetzen von US-Bürgern, warnte das Ministerium. „Alle US-Bürger, die in Russland wohnen oder reisen, sollten das Land umgehend verlassen“, hieß es.

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