Russlands Präsident Wladimir Putin hat den Einmarsch in die von prorussischen Separatisten kontrollierten ukrainischen Regionen Donezk und Luhansk befohlen. Dieser Schritt ist möglicherweise der Beginn von weiteren militärischen Aktionen oder einer weiteren Invasion Russlands in die Ukraine. Worum geht es in der Krise? Wir erklären wichtige Begriffe.
Beginn des Krieges gegen die Ukraine
Ab Ende 2013 protestierten in der ukrainischen Hauptstadt Hunderttausende Menschen gegen den damaligen Präsidenten Viktor Janukowitsch. Anlass war, dass dieser ein Assoziierungsabkommen mit der Europäischen Union in letzter Minute doch nicht unterzeichnet hatte.
Bei den Euromaidan-Protesten wurden Anfang 2014 mehr als 80 Menschen getötet, Janukowitsch floh schließlich aus dem Land nach Russland. Das Parlament erklärte ihn daraufhin für abgesetzt und schrieb ihn zur Fahndung aus. Janukowitsch bezeichnet das als illegal. Im Osten des Landes, wo er starke Unterstützung erfahren hatte, lieferten sich von Russland unterstützte bewaffnete Milizen Gefechte mit der ukrainischen Armee.
Donezk und Luhansk
Seit 2014 in Teilen abtrünnige ostukrainische Regionen mit gleichnamigen Hauptstädten, die sich selbst als Volksrepubliken bezeichnet hatten. Deren Unabhängigkeit hat Russland am 21. Februar 2022 anerkannt. In der Folge wurde die Entsendung von russischen Truppen in die Regionen angekündigt, die bislang von prorussischen Separatisten kontrolliert werden. Russland hält allerdings auch den Teil der Regionen für unabhängig, der von der Ukraine kontrolliert wird.
Donbass
Auch Donezbecken genannt.
Ukrainisch-russisches Gebiet, das auf der ukrainischen Seite die
Regionen Donezk und Luhansk umfasst. Aufgrund von Steinkohlevorkommen
und Industrie strategisch wichtig.
Kontaktlinie
Etwa 500 Kilometer lange Front zwischen
dem ukrainischen Militär und den prorussischen Separatisten in den
Regionen Donezk und Luhansk in der Ostukraine; sie wurde 2014 im Zuge
des Minsker Abkommens eingerichtet und von der OSZE-Mission beobachtet.
Krim
Die große Halbinsel liegt zwischen dem nördlichen Schwarzen Meer und dem Asowschen Meer im Südosten der Ukraine. Sie gilt wegen ihrer Lage als militärstrategisch wichtig, in Sewastopol liegt ein großer Flottenstützpunkt. Anfang 2014 erzwangen bewaffnete russische Kräfte eine Abspaltung von der Ukraine und einen Anschluss an Russland. Völkerrechtlich wird diese Annexion nicht anerkannt.
OSZE-Mission
Seit 2014 ist die OSZE mit einer Mission in der Ukraine aktiv, eingerichtet wurde sie auf Wunsch der damaligen ukrainischen Regierung und mit Zustimmung der 57 Mitgliedsstaaten der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa. Es handelt sich um eine unbewaffnete Mission, die die Lage in der Ukraine und insbesondere an der Kontaktlinie beobachten und darüber berichten soll. Sie erstellt regelmäßige Berichte, etwa zu Verstößen gegen den offiziell an der Kontaktlinie geltenden Waffenstillstand zwischen dem ukrainischen Militär und den prorussischen Separatisten.
Nato-Russland-Grundakte
Die im Mai 1997 unterzeichnete Absichtserklärung sollte eine friedliche und vertrauensvolle Partnerschaft zwischen der Nato und Russland ermöglichen. Sie regelt gemeinsame Ziele und Wege für Zusammenarbeit und Absprache, etwa die Schaffung des Nato-Russland-Rates.
Nato-Ukraine-Charta
Im Juli 1997 unterzeichnet ermöglicht die Charta (pdf) die Teilnahme von ukrainischen Streitkräften an Nato-Missionen, die unter UN-Mandat oder Leitung der OSZE laufen. Sie führte zur Einrichtung von Verbindungsstellen zwischen dem Nato-Hauptquartier in Brüssel und Kiew. Die Ukraine hat seit 2008 eine Nato-Beitrittsperspektive, seit 2018 ist sie Beitrittskandidatin.
EU-Beitrittsperspektive
Wird von der aktuellen ukrainischen Regierung angestrebt und laut Umfragen von einer Mehrheit der Bevölkerung befürwortet. Seit 2014 besteht ein Assoziierungsabkommen, das die politischen und wirtschaftlichen Beziehungen regelt.
Minsker Abkommen
Besteht eigentlich aus zwei Teilen: Bei Minsk I handelt es sich um einen Ende 2014 zwischen der Ukraine, Russland und der OSZE ausgehandelten Fahrplan zu einem Waffenstillstand. Er wurde in der belarussischen Hauptstadt Minsk unterschrieben, brachte aber keinen Frieden.
Minsk II wurde im Februar 2015 von Wladimir Putin, dem damaligen ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko, Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem französischen Staatschef François Hollande ausgehandelt und wenig später durch eine UN-Resolution bestätigt (pdf). In den Beschlüssen legten sich die Verhandlungspartner auf den Abzug schwerer Waffen aus der Ostukraine fest und verpflichteten sich, eine Waffenruhe einzuhalten. Zudem wurde festgelegt, die territoriale Unversehrtheit, also die geltenden Grenzen der gesamten Ukraine, zu achten und sämtliche „ausländischen Formationen“ vom Staatsgebiet abzuziehen. Die OSZE wurde eingesetzt, um die Einhaltung des Abkommens zu überwachen.
Völkerrechtsverstoß
Als Völkerrecht werden grundsätzliche, überstaatliche Prinzipien bezeichnet, welche die Beziehungen vor allem zwischen Staaten regeln. Grundlage ist die Charta der Vereinten Nationen. Darin verpflichten sich Mitglieder unter anderem dazu, jedes Vorgehen gegen die „territoriale Integrität“ oder politische Unabhängigkeit zu unterlassen. Sie sieht zudem vor, dass Streitigkeiten friedlich beizulegen sind. Der UN-Sicherheitsrat kann etwa feststellen, dass eine Bedrohung oder gar ein Bruch des Friedens vorliegt. Russlands Regierung werden vor allem wegen der Annexion der Krim Verstöße gegen das Völkerrecht vorgeworfen. Konsequenzen folgen daraus zunächst nicht. Internationale Gerichtshöfe in Den Haag ahnden Völkerrechtsverstöße wie Kriegsverbrechen auf Grundlage von UN-Resolutionen.
Sanktionen
Sanktionen können sich gegen Einzelpersonen, Organisationen oder Staaten richten und sollen zur Einhaltung völkerrechtlicher Verpflichtungen führen. Sanktionen müssen von internationalen Organisationen wie dem UN-Sicherheitsrat getragen werden. Allerdings werden oft auch Maßnahmen einzelner Staaten gegen andere Länder oder Einzelpersonen als Sanktionen bezeichnet, obwohl sie nicht vom Sicherheitsrat unterstützt worden sind.
EU-Staaten haben mehrfach Sanktionen gegen Russland verhängt, zum Beispiel Lieferverbote. Auch der vorläufige Stopp der Pipeline Nord Stream 2 ist eine solche Maßnahme, in dem Fall von Deutschland veranlasst. Oft reagieren betroffene Länder mit Gegensanktionen.
Nord Stream 2
Eine von zwei Ostseepipelines, durch die russisches Gas direkt nach Deutschland kommen soll. Während Nord Stream 1 verschiedene Eigentümer hat, gehört Nord Stream 2 ausschließlich Gazprom. Der Bau der zweiten Röhre wird seit Jahren von Verbündeten Deutschlands kritisiert und wurde zeitweise mit US-Sanktionen belegt. Osteuropäische Länder befürchten, dass sie durch die Pipeline dem Druck der russischen Regierung stärker ausgeliefert sind. Nun hat die Bundesregierung das noch ausstehende Genehmigungsverfahren für den Betrieb von Nord Stream 2 ausgesetzt.
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