Sardinien: Staatsanwaltschaft gegen Auslieferung von Carles Puigdemont

Sardinien: Staatsanwaltschaft gegen Auslieferung von Carles Puigdemont

In dem Prozess gegen Carles Puigdemont auf
Sardinien fordern sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die Verteidiger
des ehemaligen Regionalpräsidenten Kataloniens einen Abbruch des Auslieferungsprozesses. Dafür
plädierten die beiden Seiten bei einer Anhörung in Anwesenheit von Puigdemont.

Der EU-Parlamentarier war vor einer Woche bei seiner
Ankunft auf Sardinien festgenommen worden, weil
gegen ihn in Spanien ein Haftbefehl ausgestellt worden war. Das
Berufungsgericht in Sassari zog sich nach den Plädoyers zur Beratung zurück.

Sollten die Richter zu Ungunsten Puigdemonts entscheiden, könnte er gegen die Entscheidung in Berufung gehen. Agostinangelo Marras, einer seiner Anwälte, gab sich optimistisch: „Im Moment wird das Thema Auslieferung nicht behandelt“, sagte er.

Puigdemont beruft sich auf parlamentarische Immunität

Der
katalanische Separatistenführer bezeichnete das Vorgehen Spaniens, wo er
wegen des illegalen Unabhängigkeitsreferendums im Oktober 2017
unter anderem wegen Rebellion angeklagt ist, als „lächerlich“ und berief
sich auf seine Immunität als Abgeordneter des Europaparlaments. Diese
war ihm zuletzt zwar entzogen worden, dagegen aber ging er beim
Europäischen Gerichtshof vor.

Am Freitag stellte er einen Eilantrag zur Rückgabe seiner Immunität. Eine abschließende Entscheidung steht noch aus. Nach der Interpretation seiner Anwälte ist der Immunitätsentzug damit als ausgesetzt zu betrachten.

Puigdemont ist nach einer Nacht in Haft ohne Auflagen freigekommen und hat
Sardinien verlassen, um an einer Ausschusssitzung in Brüssel teilzunehmen. Zur Anhörung kam er aber wie angekündigt
zurück. Vor dem Gerichtsgebäude wurde er von sardischen
Unabhängigkeitsbefürworterinnen und Sympathisanten mit Sprechchören
empfangen. Laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Ansa waren mehr als
100 Anhänger Puigdemonts vor dem Gericht.

Haftstrafen nach illegalem Unabhängigkeitsreferendum

Puigdemont war der führende Kopf des Unabhängigkeitsreferendums. Nach
seiner Absetzung durch die Zentralregierung in Madrid ging er im Oktober
2017 nach Belgien ins Exil, um der Strafverfolgung in Spanien zu
entgehen. In Spanien wird er wegen Aufrufs zur Rebellion und Veruntreuung von Geldern gesucht, ihm droht eine langjährige Haftstrafe.

Spaniens Verfassung sieht Volksabstimmungen in autonomen Regionen wie Katalonien über einen einseitigen Austritt aus dem Königreich nicht vor. Bei einer niedrigen Wahlbeteiligung haben sich die Wählerinnen und Wähler in der Region zu über 90 Prozent für die Unabhängigkeit ausgesprochen. Teils gewaltsame Proteste und Polizeieinsätze verhinderten jedoch eine geordnete Stimmenabgabe.

Als das Regionalparlament mehrere Wochen später den Austritt aus dem Königreich verkündete, setzte Spaniens Regierung Puigdemont ab, führende Separatistenvertreter wurden zu Haftstrafen von bis zu dreizehn Jahren verurteilt. Im Gegensatz zu Puigdemont, dem Rebellion vorgeworfen wird, sind sie wegen Aufruhrs verurteilt worden, dem ehemaligen Regionalpräsidenten droht also im Fall einer Auslieferung an die spanische Justiz möglicherweise eine längere Haftstrafe. Im Juni begnadigte Spaniens Regierung die inhaftierten Separatisten.

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