Die EU treibt den Aufbau einer europäischen Sicherheits- und Verteidigungsunion voran. Bei einer gemeinsamen Sitzung beschlossen die EU-Außen- und Verteidigungsminister, die EU militärisch unabhängiger und reaktionsschneller zu machen. Ziel müsse es sein, „die weltweite strategische Rolle“ der EU zu stärken und ihr im Militärbereich „die Kapazität zu geben, autonom zu handeln“. Die Pläne sehen unter anderem vor, ein dauerhaftes Planungs- und Führungszentrum für militärische und zivile Auslandseinsätze im ersten Halbjahr kommenden Jahres zu schaffen.
Die EU-Außen- und Sicherheitsbeauftragte Federica Mogherini sprach „von einem qualitativen Sprung“. Es gehe aber „nicht um eine Europäische Armee“ oder der Schaffung eines Hauptquartiers von Nato-Dimensionen. Die EU wolle Doppelstrukturen mit der Nato vermeiden. Bisher werden EU-Auslandseinsätze dezentral aus den Mitgliedstaaten geleitet. Die neue Struktur soll auf dem existierenden Zentrum für zivile Einsätze im Europäischen Auswärtigen Dienst aufbauen, der Mogherini untersteht. Wie groß diese Art von EU-Hauptquartier letztlich sein wird, blieb aber offen.
Die Entscheidungen wurden seit mehreren Monaten vorbereitet. „Unabhängig vom Ausgang der amerikanischen Wahl war uns immer klar, dass Europa mehr Verantwortung auf seine Schultern nehmen muss“, sagte Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU). Sie sah ein mögliches Einsatzgebiet für die EU insbesondere in Afrika, wo die Nato nicht vertreten sei.
Länder wie Deutschland und Frankreich wollen sich zudem dafür einsetzen, dass ein EU-Sanitätskommando und ein gemeinsamer Logistik-Knotenpunkt aufgebaut werden. Die Möglichkeit dieser sogenannten „Ständigen Strukturierte Zusammenarbeit“ (SSZ) wird in der Abschlusserklärung des Treffens nicht klar befürwortet, sie soll lediglich geprüft werden. Überarbeiten will die EU im kommenden Jahr die finanzielle Lastenteilung bei Auslandseinsätzen. Daneben soll die Zusammenarbeit im Rüstungsbereich verstärkt werden, etwa bei der Entwicklung von Drohnen. Mogherini soll außerdem bis Mitte 2017 Vorschläge unterbreiten, wie europäischen Krisenreaktionskräfte einsatzfähig gemacht werden können.
Die Beschlüsse sind Teil derGlobalen Strategie für die Außen- und Sicherheitspolitik der EU, die Mogherini im Juni dieses Jahres nach mehr als einem Jahr Planung vorgestellt hat. Das Dokument sieht vor, eine stärkere Union zu schaffen, die ihre Rolle geeint in der Welt wahrnimmt. Die EU will demnach Frieden und Sicherheit für die EU-Bürger garantiert, aber auch global die Ursachen von Konflikten und Armut bekämpfen.
Noch EU-Mitglied Großbritannien kritisierte den jetzt beschlossenen Fahrplan zur Umsetzung. „Anstatt teure neue Hauptquartiere zu planen und von einer europäischen Armee zu träumen“, müssten die Europäer wie von der Nato seit Jahren gefordert ihre Verteidigungsausgaben auf zwei Prozent der Wirtschaftsleistung erhöhen, sagte der britische Verteidigungsminister Michael Fallon. Dies sei auch „die bestmögliche Herangehensweise“ mit Blick auf den künftigen US-Präsidenten Donald Trump.
Trump hat im Wahlkampf deutlicher als seine Vorgänger mehr Engagement der Europäer im Verteidigungsbereich gefordert. Innerhalb der Nato stellte er sogar die Beistandsgarantie bei bewaffneten Angriffen für Länder in Frage, die zu wenig in Verteidigung investieren. Während die USA in diesem Jahr rund 3,5 Prozent ihrer Wirtschaftsleistung für Verteidigung ausgeben, kommen in Europa nur vier Länder auf die Nato-Vorgabe von zwei Prozent: Großbritannien, Griechenland, Estland und Polen. Deutschland liegt seit Jahren bei knapp 1,2 Prozent.
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