Woche der Wahrheit in Washington – und für Joe Biden: Innenpolitisch wird es für den US-Präsidenten in den kommenden Tagen höchst brisant. Mehrere Streitpunkte stehen auf der Agenda.
Nach dem Afghanistan-Debakel und dem U-Boot-Streit mit Frankreich wird es für US-Präsident Joe Biden in dieser Woche innenpolitisch höchst brisant. Im Kongress wird um ein gigantisches Infrastrukturpaket und ein noch größeres Investitionspaket für Sozialreformen gerungen, außerdem drohen ein Shutdown und eine Zahlungsunfähigkeit des Landes. Ein Überblick der Streitpunkte.
Infrastrukturpaket
Der Senat hat bereits Anfang August für ein 1,2 Billionen Dollar (rund eine Billion Euro) teures Infrastrukturpaket gestimmt, das massive Investitionen in Straßen, Brücken, Zugstrecken, Breitbandinternet, Wasserleitungen und Klimamaßnahmen vorsieht. Neben Bidens Demokraten stimmten auch einige Republikaner für das Vorhaben. Es muss nun das Repräsentantenhaus passieren – doch es gibt Widerstand im progressiven Flügel von Bidens Demokraten.
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Linke Abgeordnete wollen nur für das Infrastrukturpaket stimmen, wenn gleichzeitig ein 3,5 Billionen Dollar (knapp drei Billionen Euro) schweres Sozialpaket vorankommt. Sie fürchten, dass das Sozialpaket im Senat versanden könnte, wenn das Infrastrukturpaket erst einmal beschlossen ist und sie damit kein Druckmittel mehr haben. Die Vorsitzende des Repräsentantenhauses, die Demokratin Nancy Pelosi, verschob deswegen eine für Montag geplante Abstimmung über das Infrastrukturpaket. Damit soll Zeit für Beratungen über das Sozialpaket gewonnen werden.
Historische Sozialreformen
Das Sozialpaket ist das Herz von Bidens Reformplänen und wäre der größte Ausbau des Sozialstaates in den USA seit Jahrzehnten. Es sieht über einen Zeitraum von zehn Jahren 3,5 Billionen Dollar für Bildung, Gesundheitsvorsorge, Familien und den Klimaschutz vor. Die Rede ist – in Abgrenzung zum Infrastrukturpaket – auch von „menschlicher Infrastruktur“.
Finanziert werden sollen die Maßnahmen durch höhere Steuern für Unternehmen und Reiche. Die oppositionellen Republikaner lehnen die Pläne entschieden ab. Allerdings haben auch demokratische Senatoren Vorbehalte, insbesondere die Mitte-Politiker Joe Manchin und Kyrsten Sinema. Weil die Demokraten im Senat nur über eine hauchdünne Mehrheit verfügen, können sie sich nicht einen einzigen Abweichler leisten – sonst scheitert das Sozialprogramm.
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Drohende Haushaltssperre
Zusätzlich zu den Streitigkeiten zwischen Demokraten und Republikanern und innerhalb der Demokratischen Partei droht den USA eine Haushaltssperre und damit eine Stilllegung von Bundesbehörden. Der laufende Jahreshaushalt endet zum Monatsende in der Nacht zum Freitag – und ein neuer Haushalt ist noch nicht beschlossen.
Ohne Übergangshaushalt würde es zu einem sogenannten Shutdown kommen. Dann würden hunderttausende Bundesbedienstete in den unbezahlten Zwangsurlaub geschickt, zahlreiche öffentliche Einrichtungen müssten schließen. Die Demokraten haben bereits einen Übergangshaushalt vorgelegt – verknüpfen das aber mit einer Aussetzung der Schuldenobergrenze, was bei den Republikanern auf Widerstand trifft. Sie verweigerten daher dem Vorhaben der Demokraten im Senat die Zustimmung.
Streit über die Schuldenobergrenze
Das Finanzministerium warnt, dass den USA ohne Erhöhung oder Aussetzung der Obergrenze im Oktober die Zahlungsunfähigkeit droht. Nach Worten von Finanzministerin Janet Yellen könnte das zu einer „historischen Finanzkrise“ und einer „wirtschaftlichen Katastrophe“ führen.
Zuletzt war der Schuldendeckel unter Bidens Vorgänger Donald Trump für eine Dauer von zwei Jahren ausgesetzt worden. Seit dem 1. August gilt aber wieder eine Schuldenobergrenze von 28,4 Billionen Dollar (rund 24 Billionen Euro). Seitdem versucht das Finanzministerium, eine Zahlungsunfähigkeit durch Umschichtungen zu vermeiden, die Möglichkeiten werden aber bald ausgeschöpft sein.
Die oppositionellen Republikaner verweigern sich einer erneuten Aussetzung der Schuldenobergrenze. Sie werfen den Demokraten angesichts der geplanten Investitionspakete eine verantwortungslose Haushaltspolitik vor. Allerdings wurde auch schon unter anderen republikanischen Präsidenten als Trump der Schuldendeckel angehoben oder ausgesetzt.
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