Heiße Debatte bei TV-Duell
Berlin (dpa) – SPD-Herausforderer Martin Schulz hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) beim einzigen TV-Duell im Bundestagswahlkampf Fehler in der Flüchtlingspolitik vorgeworfen.
Der SPD-Vorsitzende kritisierte am Sonntagabend, dass Merkel sich zu Beginn der Flüchtlingskrise im Herbst 2015 nicht mit den europäischen Partnern abgestimmt habe. Wenn sie sage, sie würde alles wieder so machen wie 2015, könne er nur sagen: «Dazu würde ich nicht raten.» Eine europäische Lösung wäre weniger zulasten Deutschlands gegangen.
Merkel verteidigte in dem live übertragenen Schlagabtausch ihre Entscheidung von vor zwei Jahren, in Ungarn festsitzenden Migranten und Flüchtlingen den Weg nach Deutschland zu ebnen. Sie habe damals nicht anders handeln können. «Es musste entschieden werden.» Es sei klar gewesen, dass Ungarns Regierungschef Viktor Orban sich nicht solidarisch zeigen würde. Sie habe im übrigen ihren Kurs mit dem damaligen Außenminister Frank-Walter Steinmeier und Vize-Kanzler Sigmar Gabriel (beide SPD) abgestimmt.
Schulz fragte Merkel daraufhin direkt, warum der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer Orban als Ehrengast zur CSU eingeladen habe. Die CDU-Chefin umging die Frage.
Das Duell wurde von den vier Sendern ARD, ZDF, RTL und Sat.1 veranstaltet und ausgestrahlt. Es wurde erwartet, dass bis zu 20 Millionen Zuschauer den Schlagabtausch verfolgen. Das TV-Duell gilt als Höhepunkt des bisher eher müde verlaufenden Bundestagswahlkampfs. Die SPD erhofft sich davon eine Trendwende in der Wählergunst – seit Wochen liegt die Partei von Schulz in den Umfragen weit hinter der Union.
Im Konflikt mit der Türkei sprach sich Schulz für einen Stopp der EU-Beitrittsverhandlungen mit Ankara aus. «Wenn ich Kanzler werde, werde ich (…) die Beitrittsverhandlungen der Türkei mit der Europäischen Union abbrechen.» Er ergänzte mit Blick auf die jüngste Festnahme zweier Deutscher in der Türkei: «Es ist ein Punkt erreicht, in dem wir die wirtschaftlichen Beziehungen, die Finanzbeziehungen, die Zollunion und die Beitrittsverhandlungen zur Europäischen Union beenden müssen.» Merkel verwies darauf, dass der Abbruch der Beitrittsverhandlungen einstimmig von allen EU-Mitgliedstaaten beschlossen werden müsse.
Am Freitag war bekannt geworden, dass zwei Deutsche im Urlaubsort Antalya festgenommen worden. Ihnen werden Verbindungen zur Gülen-Bewegung vorgeworfen, die die türkische Regierung für den gescheiterten Putschversuch vor gut einem Jahr verantwortlich macht.
Der SPD-Kanzlerkandidat relativierte zum Auftakt seinen Vorwurf, Merkel unternehme mit ihrer inhaltsarmen Politik einen «Anschlag auf die Demokratie». Dies sei eine «harte und zugespitzte Formulierung» beim SPD-Parteitag gewesen, die er so nicht noch einmal sagen würde. Er bekräftigte allerdings, Merkel scheue die Kontroverse, was den rechten Rand stärke.
Merkel widersprach und erklärte, sie sehe in ihrer Politik keine Beliebigkeit. Auf die Frage, ob sie eine «All-inclusive-Kanzlerin» sei, die bei Themen wie Migration oder der Diesel-Affäre ganz unterschiedliche Meinungen vertrete, sagte sie, die Herausforderungen seien immer andere. Sie ergänzte: «Jeder Mensch verändert sich im Laufe seines Lebens.» Merkel sagte, je mehr Menschen zur Wahl gehen, um so weniger Chancen hätten die Parteien an den politischen Rändern.
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