Debatte um Gauck-Nachfolge

Berlin (dpa) – CSU-Chef Horst Seehofer hält eine Einigung mit dem Koalitionspartner SPD auf einen gemeinsamen Kandidaten für die Nachfolge von Bundespräsident Joachim Gauck «nach wie vor für möglich».

Vor einer Sitzung der CSU-Landesgruppe im Bundestag sagte er der Deutschen Presse-Agentur am Montagabend in Berlin: «Das ist ja unser großes Ziel, dass die große Koalition einen von beiden Seiten getragenen Kandidaten oder eine Kandidatin vorschlägt. So haben wir es jedenfalls auch gestern wieder vereinbart.»

Die SPD rief die Union dazu auf, den Weg für Außenminister Frank-Walter Steinmeier freizumachen. Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) ist definitiv aus dem Rennen ums Schloss Bellevue. Die drei Parteichefs der großen Koalition wollen an diesem Freitag nach einem ergebnislosen Treffen am Sonntag einen wohl letzten Versuch unternehmen, sich doch noch auf einen gemeinsamen Kandidaten für das Bundespräsidentenamt zu einigen.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) führe entsprechende Gespräche, teilte CDU-Generalsekretär Peter Tauber nach einer Präsidiumssitzung seiner Partei mit. Er wollte auch nicht ausschließen, dass die Union den Vorstoß von SPD-Chef Sigmar Gabriel für Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) noch mitträgt. Der Gauck-Nachfolger wird am 12. Februar von der Bundesversammlung gewählt.

SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann warb noch einmal um Unterstützung für Steinmeier. Der Außenminister sei eine Person, die nicht nur hohes Ansehen in der Bevölkerung, sondern auch bei vielen Anhängern der Union genieße. «Deshalb sollte die Union doch noch einmal überdenken, ob sie da nicht über ihren parteipolitischen Schatten springt und einer solchen Kandidatur ihre Zustimmung gibt.» Indirekt gab Oppermann zu erkennen, dass er kaum damit rechnet, dass Merkel und Seehofer Steinmeier tatsächlich unterstützen werden.

Seehofer sagte mit Blick auf das Treffen am Freitag, dann werde man sehen, ob es zu einer Lösung mit der SPD komme. «Wenn es nicht zu dieser Gemeinsamkeit kommt, muss die Union natürlich eine eigene Strategie überlegen. Aber über die Strategie und über die Namen öffentlich zu reden, verbietet sich bei diesem Amt.» Ob die CSU Steinmeier unterstützen könne, ließ er offen. «Das tauschen wir direkt mit der SPD aus.» Er wolle über «die Einigungsmöglichkeiten bezüglich der Person Steinmeier nicht spekulieren». In der Union hatte es schwere Verärgerung über das Vorpreschen Gabriels zugunsten von Steinmeier gegeben.

Nach Angaben aus Teilnehmerkreisen machte Merkel in der Sitzung des CDU-Präsidiums im Beisein Lammerts deutlich, dass dieser nicht als Kandidat antreten werde. Der Parlamentspräsident wäre ein guter Kandidat gewesen, sagte sie demnach. Er habe aber deutlich gemacht, dass er nicht antreten wolle. Dies sei zu respektieren. Weder Merkel noch andere nannten in der Sitzung Namen möglicher Kandidaten, die von der Union für das höchste Staatsamt vorgeschlagen werden könnten.

Aus dem CDU-Präsidium war zu hören, die Union könne Steinmeier nach Gabriels Vorgehen nicht mehr unterstützen. Entweder man finde gemeinsam mit der SPD einen anderen Bewerber, oder die Union stelle einen Kandidaten auf, bei dem davon auszugehen sei, dass er mit Stimmen von anderen Parteien wie der Grünen oder der FDP eine Mehrheit bekomme. Aus der CSU hieß es, wenn Gabriel die Verabredung aufkündige, einen gemeinsamen Kandidaten aufzustellen, sei man auch nicht mehr daran gebunden, dass es keinen Bewerber geben solle, der in Richtung Schwarz-Grün deute.

Das Präsidiumsmitglied Jens Spahn habe sich in der Runde als Einziger ausdrücklich für eine Kampfkandidatur stark gemacht, hieß es von anderen Teilnehmern. Er habe eine solche kontroverse Abstimmung als gut für die Demokratie bezeichnet.

Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter sprach sich erneut für eine Frau im höchsten Staatsamt aus. Er sagte n-tv: «Uns wäre eine Frau am liebsten, denn wir sind im 21. Jahrhundert.» FDP-Chef Christian Lindner forderte Union und SPD auf, mit offenem Visier zu kämpfen. «Die Suche nach einem Konsenskandidaten entwickelt sich zu einer Peinlichkeit», sagte er der Deutschen Presse-Agentur.

Gauck hatte im Juni erklärt, er stehe aus Altersgründen nicht für eine zweite Amtszeit zur Verfügung. Unter den 1260 Wahlmännern und -frauen in der Bundesversammlung haben die Unionsparteien zwar deutlich mehr Stimmen als SPD und Grüne zusammen, aber keine absolute Mehrheit. Dafür fehlen CDU und CSU knapp 90 Stimmen.

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