Jacinda Ardern ist eine erfolgreiche Frau Mitte 30. Privat liebt sie einen Moderator, beruflich die Politik. Im September will Ardern Premierministerin von Neuseeland werden. Doch kann ihr das reichen? Will eine Frau neben Erfolg im Beruf nicht immer auch mehr? Ehe, Kinder, ein Nest bauen, das, was Frauen angeblich eben so wollen? Und inwiefern hat die Öffentlichkeit ein Recht darauf, von Arderns angeblichen Plänen zu erfahren, jetzt, wo die 37-Jährige in das Rennen um das höchste Regierungsamt Neuseelands geht?
Seit Mittwoch sind Jacinda Arderns privateste Angelegenheiten – Liebe, Partnerschaft, angebliche Familienplanung – Anstoß für Diskussionen in ganz Neuseeland. Aus der Frage nach ihren Babyplänen, gestellt von einem Morgenshow-Moderator, erwuchs eine größere Sexismus-Debatte.
Kopf hinter der Frage, mit der alles begann, ist Mark Richardson, Moderator der Nachrichten- und Unterhaltungssendung „The AM Show“. Richardson unterstrich am Mittwoch in der Sendung, die Bürger hätten ein Recht darauf zu erfahren, ob es möglich sei, dass ihre potentielle Premierministerin Mutterschaftsurlaub beantragen würde. „Wenn du ein Unternehmer bist, dann musst du diese Dinge von deinen weiblichen Angestellten wissen“, meinte Richardson und wandte sich an Ardern: „Die Frage ist also, ist es in Ordnung, wenn eine Premierministerin während ihres Amtes in Mutterschaft geht?“
Jacinda Ardern ist die neue Labour-Hoffnung
Seit Dienstag ist Jacinda Ardern das Gesicht der Labour-Partei in Neuseeland. An diesem Tag trat ihr Vorgänger Andrew Little von dem Posten zurück, als Grund führte er die historisch schlechten Umfragewerte seiner Partei an. Im September stehen in Neuseeland Parlamentswahlen an, die regierende rechtsliberale National Party liegt in allen Umfragen mit weitem Abstand vorn, Labour kommt auf schwache 24 Prozent. Mit Jacinda Ardern an der Spitze erhofft sich Labour nun vor allem mehr Erfolg bei Frauen und jüngeren Wählern.
Es sind dies Bevölkerungsgruppen, die sich mit Ardern identifizieren könnten. „Viele Frauen in Neuseeland haben das Gefühl, dass sie sich zwischen Kinderkriegen und Karriere entscheiden müssen. Glauben Sie, dass das eine Entscheidung ist, die man treffen muss oder die Sie schon getroffen haben?“, hatte am Dienstagabend, wenige Stunden nach ihrer Berufung an die Parteispitze, der Moderator einer TV-Show die Labour-Spitzenkandidatin gefragt. Ardern, die bereits in der Vergangenheit angekündigt hatte, irgendwann Familie haben zu wollen, antwortete laut Bericht des englischen „Guardian“ höflich: Sie wolle das Karriere-oder-Kind-Dilemma offen ansprechen, denn wahrscheinlich machten sich viele weitere Frauen in Neuseeland ähnliche Gedanken. Ihre eigene Situation unterscheide sich von der Situation jener Frauen nicht.
Moderator fragt Ardern unverblümt nach Baby-Planung
Mit der höflichen Zurückhaltung war es wenige Stunden später vorbei. Auf die Feststellung von Morgenshow-Moderator Richardson, die Neuseeländer hätten ein Recht darauf, von den Babyplänen ihrer möglichen Premierministerin zu erfahren, meinte Ardern zunächst: Die Frage empfinde sie für sich als angemessen, da sie beschlossen habe, offen darüber zu sprechen. Dann allerdings wandte sie sich direkt an Richardson, zeigte mit einem „Aber Sie“ auf ihn und fuhr fort: „Es ist absolut inakzeptabel, im Jahr 2017 zu behaupten, Frauen müssten auf diese Frage an ihrem Arbeitsplatz antworten“, hielt sie dem Moderator entgegen. „Das ist inakzeptabel, das ist inakzeptabel“, wiederholte Ardern.
Es sei die Entscheidung der Frau, wann sie Kinder haben wolle. Dieses Thema dürfe sie nicht für einen Job disqualifizieren. Die Nutzer der Social-Media-Kanäle sahen dies ganz ähnlich: Die meisten Internetnutzer stellten sich hinter die Oppositionskandidatin. Viele von ihnen kommentierten, dass einem Mann eine ähnliche Frage nicht gestellt worden wäre. Unterstützung bekam Ardern sogar vom konservativen Regierungschef Bill English, den die Labour-Politikerin bei der Wahl am 23. September ablösen will. Der sechsfache Vater nannte die Fragen des Moderators „zu privat“.
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