Finanzminister Wolfgang Schäuble treibt seine Pläne voran, das Autobahnnetz in Deutschland teilweise zu privatisieren.
Nach «Spiegel»-Informationen warb er jetzt im Haushaltsausschuss des Bundestags für die Gründung einer Verkehrsinfrastrukturgesellschaft, die den Bau und Betrieb der Autobahnen übernehmen und private Investoren daran beteiligen soll. Eine knappe Mehrheit der neuen Gesellschaft will der CDU-Mann aber beim Bund belassen. Das wurde der Deutschen Presse-Agentur in Berlin bestätigt. Der Koalitionspartner SPD sowie die Opposition lehnten die Pläne ab. Ohne die SPD bekommt Schäuble keine Grundgesetzänderung für die Pläne.
Die Sprecherin des Wirtschaftsministeriums, Beate Baron, sagte der dpa, die Position von Minister Sigmar Gabriel (SPD) sei ganz klar: «Es wird weder eine Privatisierung von Straßen noch der Bundesfernstraßengesellschaft geben.» Bundesregierung und Länder hätten sich am 14. Oktober darauf geeinigt, dass das bestehende System der Auftragsverwaltung der Bundesfernstraßen reformiert werden soll «und Autobahnen und Straßen im unveräußerlichen Besitz des Bundes verbleiben». Das werde auch im Grundgesetz so festgeschrieben.
Ein Sprecher des Finanzministeriums sagte der dpa, die Gespräche von Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) mit den Staats- und Senatskanzleien der Länder liefen noch. Er könne dazu nichts sagen.
Zurückhaltend äußerte sich der haushaltspolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Eckhardt Rehberg (CDU). «Ich persönlich sehe keine Notwendigkeit, private Unternehmen an der Bundesautobahngesellschaft zu beteiligen», sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Er wies aber darauf hin, dass es in der Unions-Fraktion dazu noch keinen Konsens gebe.
Derzeit gibt der Bund das Geld für Autobahnen und Bundesstraßen, während die Länder fürs Planen und Bauen zuständig sind. Die Länder hatten sich Mitte Oktober bereiterklärt, dass eine zentrale Gesellschaft künftig Deutschlands Fernstraßen finanzieren, planen und bauen soll. Dafür muss Artikel 90 des Grundgesetzes geändert werden.
SPD-Fraktionsvize Sören Bartol sagte: «Eine Änderung des Grundgesetzes wird es nur mit einer doppelten Privatisierungsbremse geben. Das hundertprozentige unveräußerliche Eigentum des Bundes muss für die Infrastruktur wie auch für die Gesellschaft im Grundgesetz festgeschrieben werden.»
Schäubles Pläne sähen die Option vor, bis zu 49,9 Prozent der Gesellschaft an private Investoren zu veräußern, schreibt der «Spiegel» unter Berufung auf ein vertrauliches Papier vom 19. Oktober. Das käme der Banken- und Versicherungsbranche entgegen, die einen besseren Zugang zu Infrastrukturprojekten fordert. Denn wegen der niedrigen Zinsen suchten die Finanzinstitute langfristige Anlageformen mit sicherer Rendite.
Der haushaltspolitische Sprecher der Grünen, Sven-Christian Kindler sagte dem Magazin: «Schäuble will Banken und Versicherungen ein Milliardengeschenk machen.» Der Frankfurter Verfassungsrechtler Georg Hermes sprach von einer «schleichenden Privatisierung» des Fernstraßennetzes.
Das von CSU-Minister Alexander Dobrindt geführte Verkehrsministerium erklärte, der vom «Spiegel» zitierte Entwurf vom 19. Oktober entspreche keinem aktuellen Stand. «Derzeit werden Inhalte zur Autobahngesellschaft/Infrastrukturgesellschaft erarbeitet. Mit einem Entwurf für die Besprechung mit den Ländern kann voraussichtlich nächste Woche gerechnet werden.»
Wirtschaftsstaatssekretär Rainer Sontowski beklagte sich am Freitag schriftlich über zu langsame Arbeit des Verkehrsministeriums und den Bruch von Verabredungen. Der Brief ging an Altmaier, Verkehrs-, Finanz-, Innen- und Justizministerium.
Linksfraktionsvize Jan Korte kritisierte, wenn die Autobahnen in die Privatwirtschaft überführt würden, wäre der «Privatisierungswahn» auf die Spitze getrieben. «Hier sollen Milliardengeschenke für Banken und Versicherungskonzerne organisiert werden, Bürger und Bürgerinnen zahlen dafür.» Es gehe um die Wahrung öffentlichen Eigentums.
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