Wie sind Bundespräsidenten mit den Folgen der Nazi-Zeit umgegangen? Frank-Walter Steinmeier lässt das historisch aufarbeiten. „Als Bundespräsident empfinde ich eine besondere Verantwortung, der Geschichte meines eigenen Amtes nicht auszuweichen, sondern sich ihr offen und selbstkritisch zu stellen“, sagte er. „Es gibt kein Ende des Erinnerns, es gibt keine Erlösung von unserer Geschichte.“
Das Forschungsprojekt trägt den Titel „Das Bundespräsidialamt und die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus 1949-1994“. Es wurde bereits im vergangenen Jahr begonnen und soll im kommenden Jahr abgeschlossen werden.
Forschende um den Historiker Norbert Frei von der Friedrich-Schiller-Universität Jena sollen vor allem die Wirkungsgeschichte der früheren Bundespräsidenten untersuchen: Wie sind Steinmeiers Amtsvorgänger mit dem Thema Nationalsozialismus, mit Tätern, Opfern und Mitläufern umgegangen? Wie haben sie sich in Reden und bei Staatsbesuchen, in Briefen und Gesprächen, bei Ordensverleihungen und Begnadigungen geäußert und verhalten? Auch personelle Kontinuitäten im Bundespräsidialamt sollen untersucht werden.
Steinmeier betonte, man habe sich von Anfang an „um höchste Qualität, größtmögliche Transparenz und völlige wissenschaftliche Unabhängigkeit“ bemüht. Den Projektleiter Frei lobte er als „Kenner der Werdegänge von einstigen NS-Eliten in der Bundesrepublik“, der bereits bedeutende Forschungsprojekte zur NS-Vergangenheit von Ministerien und Wirtschaftsunternehmen geleitet habe.
Trotz Jahrzehnten wissenschaftlicher Forschung und historischer Aufarbeitung seien längst nicht alle Geschichten erzählt oder alle Verbrechen bekannt, sagte der Bundespräsident. Es werde längst nicht aller Opfer angemessen gedacht. „Die Geschichten der Opfer der NS-Verbrechen, Geschichten von zerstörten Leben, können wir buchstäblich hinter fast jeder Fassade finden.“
Auch hinter der Fassade des Staates liege vieles noch im Dunkeln, sagte Steinmeier. „Vieles ist noch nicht ausgeleuchtet, nicht erzählt.“ So lägen etwa zu den obersten Verfassungsorganen noch keine Studien vor. „Gerade das Amt des Staatsoberhaupts darf hier nicht fehlen.“ Alle seine Amtsvorgänger hätten auch den gesellschaftlichen Umgang mit der NS-Vergangenheit geprägt und damit an der „inneren Befreiung“ der Deutschen teilgehabt. Diese sei ein „langer, schmerzhafter Weg“ gewesen.
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