Kritik an Populisten

Berlin (dpa) – Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat aggressive Proteste mit Trillerpfeifen und Tomatenwürfen im Wahlkampf scharf verurteilt. «Wer nur auf Kundgebungen geht, um andere am Reden zu hindern, der wendet sich gegen eine offene Debatte», sagte er im Schloss Bellevue.

«Gerade wer zornig und anderer Meinung ist, sollte selbst das Wort ergreifen, statt andere zum Schweigen bringen zu wollen», betonte Steinmeier. 

Ohne die AfD beim Namen zu nennen, sprach Steinmeier von «Populisten, die sich Enttäuschungen und Verunsicherungen zunutze machen». Demokraten sollten sich nicht in Sicherheit wiegen. «Zu großer Gelassenheit besteht kein Anlass», warnte er.  

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) war bei Auftritten im Wahlkampf durch massive Proteste rechter Gruppen gestört worden, die sie am Reden hindern wollten. «Jeder hat das freie Recht zur öffentlichen Rede. Niemand droht Gefängnis für kritische Meinungen», sagte Steinmeier. «Es schadet auch nicht, Menschen zuzuhören», fügte er hinzu.

Steinmeier startete in seinem Berliner Amtssitz eine neue Veranstaltungsreihe «Forum Bellevue zur Zukunft der Demokratie». Dazu waren der Historiker Heinrich August Winkler, die Philosophin Susan Neiman und der Politikwissenschaftler Parag Khanna sowie rund 150 Gäste geladen. Thema des Abends: «Welche Zukunft hat der Westen?» Im November folgt eine weitere Diskussionsrunde mit dem Schriftsteller Salman Rushdie über die Verteidigung der Meinungs- und Kunstfreiheit.

In einigen Ländern, die zur Europäischen Union und zur Nato gehörten, seien Freiheitsrechte unter Druck geraten, sagte Steinmeier. Rechtsstaatlichkeit und Gewaltenteilung, Bürger- und Menschenrechte würden angefochten, kritisierte er. Steinmeier sprach aber auch von einem «Sündenregister» des Westens mit zahllosen Verstößen gegen die eigenen Werte.

Der in Singapur lebende Politologe Khanna warb für eine «direkte Technokratie», die Elemente der direkten Demokratie wie in der Schweiz mit einer effizienten Verwaltung und guter Regierungsführung verbinden soll. Die amerikanische Philosophin Neiman forderte vor allem eine gerechtere Gesellschaft.

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