Menschenwürdiges Wohnen
Berlin (dpa) – Sie haben es satt: Rund 13.000 Menschen haben in Berlin ein starkes Zeichen gegen steigende Mieten gesetzt. Trotz des anfangs starken Regens zogen sie vom Potsdamer Platz durch Schöneberg bis nach Kreuzberg.
Unter dem Motto «Widerstand – gemeinsam gegen Verdrängung und Mietenwahnsinn» hatten 254 Initiativen und Organisationen zu dem Protest aufgerufen. Die Polizei war laut eigenen Angaben mit 400 Beamten im Einsatz. Damit gingen erstmals in Berlin mehrere Tausend Menschen gegen die Wohnungspolitik auf die Straße. Im September 2016 und im April 2017 waren es jeweils nur mehrere Hundert Teilnehmer.
Die jungen wie alten Demonstranten trugen bunte Transparente, auf denen «Wohnraum statt Weltraum» oder «Mieter sind keine Zitronen» stand, und skandierten: «Wenn die Mieten steigen, rufen wir enteignen». Ein älteres Paar aus Pankow berichtete von dem erfolgreichen Widerstand gegen Mieterhöhungen. Mieter eines Hauses in der Gleditschstraße schilderten ihren gemeinsamen Protest gegen den Verkauf ihres Wohnhauses und die Unterstützung des Bezirks Schöneberg. Eine Mieterin aus Charlottenburg sagte, dass es sich zu kämpfen lohnt.
Die Initiatoren verlangen einen radikalen Kurswechsel in der Wohnungs- und Mietenpolitik. Schluss mit dem Verkauf von Wohnungen, forderte ein Gründungsmitglied des Bündnisses «Bezahlbare Mieten Neukölln», das die Demo mitorganisiert hat. «Wohnraum ist keine Ware», sagte er. Jetzt sei der Bund gefragt, andere Bedingungen zu schaffen.
Zustimmung erhielten die Demonstranten vom Regierenden Berliner Bürgermeister Michael Müller (SPD). Vom neuen Heimatminister Host Seehofer (CSU) forderte er die Vereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag zügig umzusetzen: «Berlin hat alle vorhandenen gesetzlichen Instrumente ausgeschöpft. Der Bund muss jetzt liefern», sagte Müller.
Auch Berlins Bausenatorin Katrin Lompscher (Linke) sah die Bundesregierung in der Pflicht gegen steigende Mieten in Großstädten. «Als allererstes brauchen wir tatsächlich Umsteuerungen im Mietrecht», sagte Lompscher am Rande eines Parteitags der Berliner Linken. Dass bei bestehenden Verträgen die Miete um 15 Prozent in 3 Jahren steigen dürfe, sei beispielsweise zu hoch.
Die Berliner CDU hingegen sah die Verantwortung für die steigenden Mieten bei der rot-rot-grünen Landesregierung. «Berlins Mieten-Problem entsteht nicht, weil mit Wohnungen Geld verdient wird, sondern weil der Senat schlichtweg zu wenig baut», erklärte Christian Graeff, Sprecher für Bauen und Wohnen der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus.
Wohnungslosigkeit ist in Berlin ein wachsendes Problem. Rund 30.000 Menschen ohne Bleibe haben die Berliner Behörden im Jahr 2016 untergebracht, fast doppelt so viele wie im Vorjahr. Für 2017 schätzte Berlins Sozial-Staatssekretär Alexander Fischer (Linke) die Zahl bereits auf 50.000 und mehr.
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