Die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) hat den Anschlag in der südosttürkischen Stadt Diyarbakir vom Freitag für sich reklamiert. Dies meldete am Freitagabend die IS-nahe Nachrichtenagentur Amaq. Bei dem Bombenattentat waren neun Menschen gestorben, mehr als hundert wurden verletzt.

Erst am Donnerstag hatte IS-Chef Abu Bakr al-Baghdadi in einer Audiobotschaft zu Angriffen gegen die Türkei aufgerufen. Für das Vorgehen Ankaras gegen den IS in Syrien und im Irak müsse Rache geübt werden, forderte er.

Am Samstag teilte das türkische Militär mit, man habe in den vergangenen 24 Stunden 71 Ziele in Gebieten des „Islamischen Staates“ angegriffen. Fünf Kämpfer der Terrororganisation seien getötet worden. Zudem seien fünf Kämpfer der von der Türei unterstützten Rebellen und ein türkischer Soldat ums Leben gekommen.

Türkei sieht PKK hinter Anschlag

Für den Anschlag auf das Polizeihauptquartier in Diyarbakir hatte die türkische Regierung die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) verantwortlich gemacht. Vor kurzem waren die beiden Bürgermeister von Diyarbakirfestgenommen worden, wegen angeblicher „terroristischer“ Aktivitäten. Anfang des Monats dann hatten die Behörden einem regierungsnahen Beamten die Leitung der Kurdenmetropole übertragen.

In der Nacht zum Freitag, wenige Stunden vor dem Anschlag, hatte die Polizei dann bei Anti-Terror-Razzien die beiden Ko-Parteivorsitzenden der prokurdischen Oppositionspartei HDP, Selahattin Demirtas und Figen Yüksekdag, sowie mehrere HDP-Abgeordnete festgenommen. Die HDP ist mit 59 Sitzen die drittgrößte Partei im Parlament und die größte politische Vertretung der Kurden.

Trotz massiver internationaler Proteste wurden am Freitagnachmittag Haftbefehle gegen die beiden Spitzenpolitiker sowie sieben weitere HDP-Abgeordnete ausgestellt. Insgesamt wurden zwölf HDP-Abgeordnete festgenommen, drei kamen gegen Kaution frei. Demirtas und Yüksekdag wurden laut der Nachrichtenagentur Dogan am späten Abend unter großen Sicherheitsvorkehrungen in Gefängnisse im Westen des Landes gebracht.

Schulz strebt neue Gespräche an

Präsident Recep Tayyip Erdogan beschuldigt die zweitgrößte Oppositionspartei im Parlament, der verlängerte Arm der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK zu sein.

Die Verhaftungen lösten massive Kritik in Deutschland und der EU aus. EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) vereinbarte in einem Telefonat mit dem türkischen Ministerpräsidenten Binali Yildirim am Freitagabend, dass umgehend ein Konsultationsverfahren zwischen der türkischen Regierung und dem Europaparlament eingeleitet werden soll.

So rasch wie möglich sollen Unterhändler beider Seiten in Ankara und Brüssel miteinander reden, bevor es zu einer weiteren Eskalation im Verhältnis der EU zum Nato-Partner Türkei komme. In diesem Format solle auch über das Schicksal einzelner verhafteter Oppositionspolitiker und Journalisten geredet werden – mit dem Ziel, diese Personen möglichst rasch freizubekommen, hieß es weiter.

Read more on Source