Begleitet von Protesten und Streit in der Führung der Bundespartei hat die AFD in Nordrhein-Westfalen die Weichen für die Landtagswahl 2017 gestellt.

Landesparteichef Marcus Pretzell musste sich vor rund 350 Parteimitgliedern in Rheda-Wiedenbrück scharfer Kritik wegen möglicher Tricks und Mauscheleien bei den jüngsten Listenwahlen stellen. Trotz der Zweifel an der Rechtmäßigkeit der bisherigen Abstimmungen will die Partei mit den bislang gewählten Kandidaten in den Wahlkampf ziehen.

Pretzell wehrte sich gegen die Vorwürfe und sieht NRW nur als Bühne für den Schlagabtausch im Bundesvorstand. «Der Machtkampf der Bundespartei wird in NRW ausgetragen», sagte der Lebensgefährte der AfD-Bundesvorsitzenden Frauke Petry der Deutschen Presse-Agentur am Rande der Wahlversammlung.

Der jüngste Streit über die Listenwahl war eskaliert, nachdem der Thüringer AfD-Vorsitzende Björn Höcke und Vize-Bundeschef Alexander Gauland den Zustand im Landesverband und den NRW-Parteichef scharf kritisiert hatten. Beide sind Gegner Pretzells und Petrys.

Die NRW-AfD sieht sich seit mehreren Tagen scharfen Vorwürfen wegen möglicher Tricks bei den ersten beiden Wahlversammlungen ausgesetzt. Es gibt zudem Zweifel von führenden AfD-Politikern an der Rechtmäßigkeit der bisherigen beiden Listenwahlen, weil bei einem Wahlgang fünf Stimmen nicht ausgezählt, sondern vernichtet worden waren.

«Mindestens Schönheitsfehler, aber juristisch irrelevant», sagte Pretzell der dpa. «Wenn sie keinen Effekt haben auf das Ergebnis des Wahlgangs, dann sind die fehlenden Stimmzettel nicht angreifbar.» Er sei selbst kein Mitglied einer Chat-Gruppe gewesen, in der nach Recherchen des «Stern» bei den vorherigen Wahlversammlungen über Kandidaten gelästert worden sein soll.

Auf der dritten Landeswahlversammlung der NRW-AfD wollte die Partei die Kandidaten für die hinteren Listenplätze für die Landesliste der Landtagswahl im Mai 2017 wählen. Erreicht die AfD wie derzeit in Umfragen prognostiziert mehr als zehn Prozent der Stimmen bei der Landtagswahl, dürften auch diese Kandidaten in den Landtag einziehen.

Der erwartete offene Schlagabtausch zwischen dem Landesvorstand um Pretzell und parteiinternen Gegnern hatte sich bereits zu Beginn der Landeswahlversammlung abgezeichnet. Das Vorstandsmitglied David Eckert griff die Parteiführung hart an und trat zurück. Teile des Landesvorstands hätten Öl ins Feuer gegossen und die Spaltung vertieft. «Wir haben kollektiv versagt», sagte Eckert. Andere Redner sprachen von «Heuchelei», «Vernichtungsfeldzug» und «Machtcliquen».

Angesichts der offen geäußerten Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Landeslisten will die AfD das Gespräch mit dem Landeswahlleiter suchen. «Wir wollen uns angesichts der Debatte hoffentlich einen Persilschein holen, dass alles mit rechten Dingen zugegangen ist», sagte die stellvertretende Sprecherin der NRW-AfD. Offiziell kann der Landeswahlleiter erst tätig werden, wenn die Listen komplett vorgelegt werden.

Bei den ersten beiden Landeswahlversammlungen in Soest und Werl waren die Kandidaten für die ersten 22 Listenplätze gewählt worden. Die nächste Landeswahlversammlung ist für den 3. und 4. Dezember in Euskirchen geplant. 

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