Der „besondere Draht“ des US-Präsidenten nach Moskau steht nicht nur bei Gegnern in der Kritik. Auch im Weißen Haus selbst regt sich offenbar Unmut. Hinter den Kulissen sind nach dem zunächst geheim gehaltenen Treffen mit Putin nicht wenige gar „sprachlos“.

Dass beim Thema Russland derzeit Vorsicht geboten ist, dürfte auch Donald Trump wissen. Seine Berater werden dies vor dem G20-Gipfel in Hamburg noch einmal betont haben. Doch statt Vorsicht walten zu lassen, sorgte der US-Präsident gleich für den nächsten Skandal.

Auch engste Mitarbeiter sind verärgert

Wie erst im Nachhinein bekannt wurde, traf er sich ein zweites Mal mit seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin – und zwar ganz ohne amerikanische Zeugen. Was dabei besprochen wurde, bleibt womöglich für immer sein Geheimnis. Auch engste Mitarbeiter sind verärgert.

Es knirscht offenbar gewaltig im Weißen Haus. Der Nationale Sicherheitsberater Herbert Raymond McMaster hatte Trump ausdrücklich gewarnt, Putin nicht über den Weg zu trauen. Zwei weitere führende Regierungsbeamte, die gegen Zusicherung von Anonymität mit der Nachrichtenagentur AP sprachen, bestätigten, dass es in Washington derzeit keine einheitliche Linie bezüglich des Kurses gegenüber Moskau gebe.

Überraschende Zugeständnisse an Putin

Die Vorwürfe, dass Russland sich im vergangenen Herbst zu seinen Gunsten in die amerikanische Präsidentschaftswahl eingemischt habe, weist Trump weiter energisch zurück. Nach den Berichten über ein dubioses Treffen seines Sohnes mit mutmaßlichen russischen Kontaktleuten sprach er von einer „Hexenjagd“. Gleichzeitig scheut er sich nicht, Putin in überraschender Weise politisch entgegenzukommen – etwa beim Thema Syrien.

Gerade wegen der laufenden Ermittlungen in der Russland-Affäre habe Trumps Annäherung an Putin in Hamburg viele Diplomaten und Geheimdienstler „sprachlos“ gemacht, sagte einer der US-Regierungsbeamten. Drei Vertreter anderer Regierungen, die ebenfalls anonym bleiben wollten, sprachen gegenüber der AP von Widersprüchen und „unterschiedlichen Signalen“ in den Aussagen von Trump und seinen Beratern zum Thema Russland.

Kritik vom eigenen Sicherheitsberater

McMaster habe noch vor dem G20-Gipfel den Russland-Kurs seines Präsidenten offen kritisiert. Konkret sei es unter anderem um ein Treffen Trumps mit Vertretern Moskaus im Weißen Haus im Mai gegangen, sowie darum, dass er die Aggressionen Moskaus in Osteuropa nicht viel deutlicher verurteile, hieß es von den ausländischen Regierungsvertretern. Sowohl McMaster als auch andere Berater hätten Trump zudem von einem bilateralen Treffen mit Putin abgeraten.

Ungewöhnlich war auch die Zusammensetzung der Runde in Hamburg. Bei dem offiziellen Gespräch waren auf amerikanischer Seite neben Trump nur Außenminister Rex Tillerson und ein Übersetzer anwesend. Normalerweise werden US-Präsidenten bei solch wichtigen Treffen mindestens vom Nationalen Sicherheitsberater sowie von einem regionalen Experten des Nationalen Sicherheitsrates begleitet.

Putin-Treffen ohne Protokollanten

Laut den Quellen der AP empfahl die russische Seite, einen Protokollanten hinzuzuziehen. Dies soll Trump jedoch abgelehnt haben, der wiederholt das Durchsickern vertraulicher Informationen an die Öffentlichkeit beklagt hat. So blieb es allein Tillerson überlassen, das auf 30 Minuten angesetzte, aber schließlich mehr als zwei Stunden dauernde Gespräch zu dokumentieren. Eine Nachfrage der AP beim Weißen Haus zu diesem Umstand blieb unbeantwortet.

Was das zweite, zunächst geheim gehaltene Treffen angeht, so sind inoffizielle Gespräche zwischen zwei Staatschefs an sich natürlich kein Verstoß gegen die Regeln der Diplomatie. Allerdings ist es sehr ungewöhnlich – und im konkreten Fall auch mit einem großen Risiko behaftet – ohne eigenen Übersetzer ausgerechnet mit Putin zu sprechen. In der gesamten Diskussion, die fast eine Stunde gedauert haben soll, musste sich Trump ganz auf den Dolmetscher seines Gegenübers verlassen.

Eigener Übersetzer wäre ratsam gewesen

„Der russische Übersetzer hat vermutlich alles sehr präzise wiedergegeben. Das Problem ist aber, dass es auf amerikanischer Seite nun keine Aufzeichnungen des Gesprächs gibt“, sagt Steven Pifer, der einst US-Botschafter in der Ukraine war. Aus Sicht von Trump wäre es allein schon deswegen klug gewesen, einen eigenen Dolmetscher mitzunehmen und ihn Notizen machen zu lassen.

Die Trump-Sprecherin Sarah Huckabee Sanders sagte bezüglich der Kontroverse um das zweite Treffen mit Putin, die Medien seien offenbar von einem „Russland-Fieber“ befallen. Andere Präsidenten, einschließlich Barack Obama, hätten ähnliche informelle Gespräche geführt. „So zu tun, als sei dies etwas Geheimnisvolles, ist absolut absurd“, sagte sie.

„Gespräche zwischen Präsidenten sind niemals ohne Bedeutung“

Insider betonen jedoch, dass ein Gespräch mit Putin unter keinen Umständen nur als beiläufige Unterhaltung betrachtet werden könne. „Gespräche zwischen Präsidenten sind niemals ohne Bedeutung“, sagt Jeffrey Edmonds, ehemaliger Leiter der Russland-Abteilung im Nationalen Sicherheitsrat der USA.

Und genau das sei in diesem Fall so widersprüchlich. „Wegen der russischen Einmischung in unsere Wahl sind die Beziehungen auf einem absoluten Tiefstand. Von daher ist es schwer zu verstehen, warum ein einstündiges Treffen mit Präsident Putin beim Essen nicht wichtig sein soll“, sagt Edmonds.

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