Bundeskanzler Olaf Scholz hat Russland indirekt vorgeworfen, Vorwände für die ausbleibenden Gaslieferungen zu nutzen. Die Turbine für die Pipeline Nord Stream 1 sei jederzeit einsetzbar und könne geliefert werden, sagte der SPD-Politiker bei einem Besuch des Energietechnikkonzerns Siemens Energy in Mülheim an der Ruhr. Dort ist die Maschine auf dem Weg von Kanada nach Russland zwischengelagert. Die Reduzierung der Gaslieferungen über Nord Stream 1, die Nichterfüllung der Gaslieferungsverträge habe keinerlei technische Gründe, sagte der Kanzler weiter. Laut Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) ist das Aggregat seit dem 18. Juli in Deutschland.
Russland bekräftigte, nicht verantwortlich zu sein. Die Turbine sei zwar mittlerweile in Deutschland, aber Gazprom als Eigentümer fehlten weiter notwendige Papiere, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Nachrichtenagentur Interfax zufolge. Seit Juni hat Russland die Gaslieferungen über Nord Stream 1 zurückgefahren. Der Energiekonzern Gazprom begründete dies mit der fehlenden Turbine. Sie sei wichtig, um den nötigen Druck zum Durchpumpen des Gases aufzubauen. Gazprom warf seinem Vertragspartner Siemens Energy wiederholt vor, nicht die nötigen Dokumente und Informationen zur Reparatur der Maschine übermittelt zu haben. Siemens Energy hat die Vorwürfe stets zurückgewiesen.
Mehr als fünf Monate nach Kriegsbeginn hat das erste Schiff mit ukrainischem Getreide für andere Länder die gefährlichste Etappe nun hinter sich. Der Frachter Razoni passierte nach der Fahrt durchs Schwarze Meer die durch Istanbul verlaufende Meerenge Bosporus. Nach einer Inspektion durch beide Kriegsparteien, an der auch Experten der Türkei und der Vereinten Nationen beteiligt waren, geht es nun weiter in den Libanon. Weitere Schiffe sollen folgen.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach dennoch nur von einem Tropfen auf den heißen Stein. Selenskyj sagte per Videoschaltung zu Studierenden in Australien, die Razoni liefere nur einen Bruchteil der Getreidevorräte seines Landes. Das sei noch nichts. Hoffentlich werde daraus aber ein Trend. Die Zeit werde zeigen, ob weitere Schiffe die ukrainischen Häfen verlassen könnten. Selenskyj zufolge macht die Ukraine derzeit ein Haushaltsdefizit von fünf Milliarden Dollar pro Monat.
Weitere wichtige Meldungen des Tages:
- Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) sieht nach einem Besuch bei Russlands Präsidenten Wladimir Putin im Ukraine-Krieg Chancen für eine Lösung am Verhandlungstisch. Schröder war bereits vergangene Woche abermals zu Besuch bei Putin gewesen, was bislang aber nicht bekannt war. In einem Interview mit dem Magazin stern sowie den Sendern RTL und n-tv bezeichnete er das jüngst erzielte Abkommen der Kriegsparteien zu Getreideexporten aus der Ukraine als „ersten Erfolg“, den man vielleicht „langsam zu einem Waffenstillstand ausbauen“ könne. „Die gute Nachricht heißt: Der Kreml will eine Verhandlungslösung.“
- Mehrere Kommunalverbände haben eine ungleiche Verteilung von Flüchtlingen aus der Ukraine auf die Städte und Gemeinden in Deutschland beklagt. Laut einem Bericht der Welt nehmen deshalb erste Kommunen und Bundesländer vorläufig keine Kriegsflüchtlinge oder Asylbewerber mehr auf.
- Russland bereitet nach ukrainischen Angaben eine neue Offensive im Süden des Landes vor. Dazu gehöre der Aufbau einer Truppe, die einen Angriff auf Krywyj Rih – die Heimatstadt des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj – vorbereite.
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