In der russischen Bevölkerung steigt der Wunsch, auszuwandern. Mehr als die Hälfte der Russen im Alter zwischen 18 und 24 Jahren würde einer Umfrage zufolge am liebsten das Land verlassen. Das ist der höchste Wert seit zehn Jahren, wie das Meinungsforschungsinstitut Lewada mitteilte. Allein von Mai bis September sei der Wert um 16 Prozentpunkte gestiegen.
Experten erklären den Anstieg mit der Unzufriedenheit junger Russen, die sich wegen der Entwicklung ihres Landes Sorgen machen. Bei Massenprotesten im Sommer in Moskau hatten besonders viele Jugendliche gegen Behördenwillkür, Polizeigewalt und eine zunehmende Einschränkung persönlicher Freiheiten demonstriert.
Über alle Altersklassen hinweg lag der Anteil der Auswanderungswilligen bei 21 Prozent, sechs Punkte mehr als im Mai. Die Regierung unter Präsident Wladimir Putin sieht sich Vorwürfen ausgesetzt, dass sich eine korrupte Machtelite einen Staat nach ihrer eigenen Vorstellung zimmere – ohne Rücksicht auf Andersdenkende.
Für die repräsentative Umfrage wurden zwischen 26. September und 2. Oktober 1601 Personen befragt. Der Stichprobenfehler liegt laut dem Institut bei 0,95 Prozent. Der Umfrage zufolge geben die meisten Befragten als Grund für den Auswanderungswunsch an, dass sie vor allem ihren Kindern eine würdige Zukunft ermöglichen wollten.
An zweiter Stelle wird demnach die wirtschaftliche Lage, danach die medizinische Versorgung und die politische Situation genannt. Der Leiter des Diskussionsforums St. Petersburger Dialog, Ronald Pofalla, hatte in diesem Jahr vorgeschlagen, russischen Jugendlichen die visafreie Einreise nach Deutschland zu ermöglichen. Viele russische Jugendliche gelten als hervorragend ausgebildet. Sie beklagen der Lewada-Umfrage zufolge aber auch, dass es in ihrer Heimat keine Entwicklungschancen gebe.
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