US-Gouverneurswahlen: Die Republikaner sind wieder im Aufwind – doch einen Donald Trump...

US-Gouverneurswahlen: Die Republikaner sind wieder im Aufwind – doch einen Donald Trump will auch niemand

Sieg in Virginia, überraschend gutes Ergebnis in New Jersey: Zwei Gouverneurswahlen versetzen die Republikaner in Euphorie. Kommt nun das Comeback von Donald Trump? Die beiden Kandidaten jedoch standen nicht für Trumpismus in Reinkultur. 

„Es wird ein enges Rennen, aber ich glaube, wir werden gewinnen“, sagte US-Präsident Joe Biden am Dienstagnachmittag. Zu dem Zeitpunkt war zwar noch nichts entschieden, aber eigentlich absehbar, dass sein Optimismus eher symbolischer Natur war. Denn obwohl bei der Gouverneurswahl in Virginia der Kandidat der Demokraten, also Bidens Mann, lange in den Umfragen geführt hatte, wurde er kurz vor Schluss vom Republikaner Glenn Youngkin überholt – sowohl bei den Demoskopen als auch an der Urne. Mit gerade einmal 2,7 Prozentpunkten schlug er den Favoriten. Doch die Wahl in dem Ostküstenstaat war nur eine von mehreren an diesem Tag; ein Jahr nach der Präsidentschaftswahl stand ein erster wichtiger Stimmungstest für die Politik Bidens an. Er hätte erfreulicher ausgehen können.

Überraschungserfolg in New Jersey

Während Virginia oft und gerne immer die andere Partei wählt als die, die gerade im Weißen Haus sitzt, war New Jersey zuletzt fest in Hand der Demokraten. Auch hier wurde nun ein neuer Gouverneur gesucht, und der demokratische Kandidat und Amtsinhaber Phil Murphy galt als sicherer Sieger. Doch der Ausgang geriet überraschend, wenn auch das Ergebnis noch „too close to call“ ist, wie die Amerikaner sagen: zu eng, um einen Sieger auszurufen. Beim letzten Auszählungsstand lag der Republikaner Jack Ciattarelli sogar vorn. Allein, dass es diesen, wenn auch nur hauchdünnen Vorsprung überhaupt gibt, ist ein weiterer Nackenschlag für die Demokraten, nicht nur für die in Washington.

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Die Republikaner dagegen dürften sich bereits die Hände reiben. In einem Jahr finden landesweit die Zwischenwahlen statt, bei denen Teile des US-Kongresses neu gewählt werden. Noch haben die Demokraten in den beiden Parlamentskammern die Mehrheit, aber sie ist jetzt schon klein – und mit den aktuellen Ergebnissen im Rücken ist es wahrscheinlicher geworden, dass die Konservativen zumindest den Senat zurückerobern können – und somit in die Lage kommen, so gut wie alles zu blockieren, was das Weiße Haus plant und will. Joe Biden wäre dann schon zur Amtshalbzeit so etwas wie die oft zitierte „lahme Ente“.

Noch sind das alles nur konservative, feuchte Träume, doch für die Trump-Anhänger unter den Republikanern, also den größeren Teil, gilt bereits der Sieg in Virginia als Startschuss für das Comeback des Ex-Präsidenten. Es ist nicht so, dass der Ex nach seiner Abwahl je wirklich weg gewesen wäre. Aber es ist ein Unterschied, ob ein früheres Staatsoberhaupt das Land als politischer Heckenschütze mit Verschwörungstheorien verseucht, oder ob er das als mehr oder weniger offizieller Kandidat der Republikaner tun wird. Sicher ist: Trump zieht. Wie nun auch der von ihm glühend unterstützte sowie erfolgreiche Gouverneurs-Kandidat Youngkin gespürt hat. Dabei hatte der im Wahlkampf immer versucht, eher auf Distanz zum Ex-Präsidenten zu bleiben.

Glenn Youngkins erfolgreicher Spagat

„Youngkin muss die schwierige Balance finden, der Trump-liebenden Basis genug Futter zu geben, aber nicht soviel, dass sich die Trump-hassenden Vorstädter abgestoßen fühlen“, hieß es vor der Wahl im Sender NBC News. Offenbar ist ihm dieser Spagat gelungen. Auch der New-Jersey-Republikaner Jack Ciattarelli hatte einen Schlingerkurs gefahren. Zunächst als Trump-Gegenentwurf zum Kandidaten gekürt, wechselte er schnell das Lager, als seinem Wahlkampf die Luft auszugehen drohte. Erst gegen Ende ging Ciattarelli wieder auf Abstand. Etwa als er via Twitter den verstorbenen Ex-Außenminister Colin Powell ehrte und dabei Trump namentlich widersprach.

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Dass die Konservativen diese November-Abstimmungen als Erfolg verbuchen können, hat allerdings auch mit der Uneinigkeit der regierenden Demokraten zu tun. Dort balgt sich der linke mit dem rechten Flügel und blockiert so Bidens gigantische, Billionen-Dollar-Reformen. Bei so einer Regierungspartei braucht es keine Opposition mehr. Ob der derzeitige Aufwind die Republikaner, also Donald Trump, tatsächlich wieder ins Weiße Haus tragen kann, ist trotzdem ungewiss. Denn die Gouverneurswahlen sowie die Umfragen zeigen auch, dass weder er als Person noch sein unwirscher Rechtspopulismus in den USA mehrheitsfähig ist. Zumindest nicht in Reinkultur und nicht jetzt, im November 2021.

Quellen: Jack Ciattarelli auf Twitter, NBS News, „Washington Post“, CNN, Bloomberg, Fox News, Trentonian.com, DPA

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