Von Martin Bialecki, dpa
Vize Pence bricht Patt
Washington (dpa) – Der US-Senat hat seinen ersten Schritt zur Abschaffung von «Obamacare» unternommen. Er stimmte mit der knappest möglichen Mehrheit dafür, eine Debatte über ein Alternativgesetz zu eröffnen.
Vizepräsident Mike Pence musste das Unentschieden mit seiner Stimme brechen, weil zwei republikanische Senatorinnen mit Nein stimmten. Damit hatte es 50:50 gestanden. Alle Demokraten stimmten mit Nein.
Die formale Entscheidung machte nun lediglich den Weg für die Debatte frei. Bei der Abstimmung war allerdings nicht bekannt, über welches Gesetz mit welchen Inhalten in der Folge debattiert werden sollte. Der politische Prozess im Senat sieht die Möglichkeit zahlreicher Anfügungen und Änderungen zu einem vorliegenden Text vor. Anschließend geht der Text zurück in das Abgeordnetenhaus.
Mehrere Republikaner, die noch in der Vorwoche gegen ein eigenes Alternativgesetz gestimmt hatten, sagten nun Ja zur Eröffnung einer Debatte. Daraus lässt sich gleichwohl keine Voraussage über den Ausgang der kommenden Senatsabstimmung über das Gesetz ableiten.
Die 50. Stimme kam am Dienstag von Senator John McCain, der trotz einer Gehirnoperation und einer dabei diagnostizierten Krebserkrankung eigens zur Abstimmung nach Washington gekommen war. In einer bewegenden Rede rief McCain (80) seine Kollegen leidenschaftlich dazu auf, bei allem Streit in der Sache wieder überparteilich zusammenzuarbeiten. «Wir bekommen sonst überhaupt nichts geregelt», sagte McCain, gezeichnet von einer langen Narbe über dem Auge. Seine eigene Partei warnte er vor Mauscheleien hinter verschlossenen Türen.
Die Abstimmung wurde von Protesten und Rufen wie «Schande» oder «Kill that Bill» (etwa: «Schafft dieses Gesetz ab») von den Zuschauerrängen des Senats begleitet.
US-Präsident Donald Trump bedankte sich bei den republikanischen Senatoren. «Obamacare» sei ein Desaster und hätte schon längst abgeschafft werden sollen, sagte er. Die Gesundheitsgesetzgebung sei extrem komplex, er kenne sich damit aus. Amerika stehe nun vor einer «großen» Krankenversicherung.
Die Führung der Republikaner und Trump selbst hatten über Tage eine Art Alles-oder-Nichts-Szenario aufgebaut: Wer dagegen stimme, die Abschaffung von «Obamacare» in Gang zu setzen, stimme für das Werk von Trumps Amtsvorgänger. Gegen sie laufen die Republikaner seit Jahren Sturm: Sie halten sie für einen Übergriff des Staates und für Sozialismus, außerdem trägt das Gesetzeswerk Barack Obamas Namen. Eine mehrheitsfähige Alternative zu der von vielen für die USA als historisch bezeichneten Versicherung hatte die Partei gleichwohl nicht entwickelt.
Trump hatte zuletzt großen Druck auf die republikanischen Senatoren ausgeübt. Mehrheitsführer Mitch McConnell sagte, nach Jahren der Debatte müsse man nun ein Versprechen einlösen.
Erst vergangene Woche waren die vorerst letzten Versuche der Republikaner am Widerstand aus den eigenen Reihen gescheitert, einen mehrheitsfähigen Reformvorschlag zu «Obamacare» vorzulegen. Manchen Republikanern ging er zu weit, anderen nicht weit genug.
Unabhängige Analysen bescheinigten allen bisher diskutierten Vorschlägen der Republikaner gravierende Verschlechterungen für die Gesundheitsvorsorge von Millionen US-Amerikanern.
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