Der Klimawandel spielt im US-Wahlkampf keine große Rolle, vor allem nicht für Donald Trump und seine Republikaner. Dabei ist vielen Konservativen die Gefahr der Erderwärmung durchaus klar – klarer jedenfalls als ihrem Präsidenten.
Manchmal verlässt auch Donald Trump sein ausgezeichnetes Gespür für die Wünsche und Themen seiner Wählerschaft. Der Klimawandel ist so ein Beispiel. Als sich der US-Präsident jüngst ein Bild von den Waldbränden in Kalifornien machen wollte, überraschte er die anwesenden Experten mit der These, dass sich das Weltklima bald wieder abkühlen werde. Den Einwand, dass dies allen wissenschaftlichen Erkenntnissen widersprechen würde, entgegnete er: „Nun, ich denke nicht, dass die Wissenschaft es wirklich weiß.“ Solche Aussagen sind häufig von ihm zu hören, doch damit irritiert er sogar sein eigenes Wahlkampfteam. Auch die Basis ist schon weiter als ihr Präsident.PAID STERN 2020_09 Donald Trump ist als einziger ehrlich 11.31 Uhr
In der USA ist der Umwelt- und Klimaschutz angesichts von Corona-Pandemie, Wirtschaftskrise und ethnischen Spannungen kein allzu großes Wahlkampfthema. Dennoch glaubt die große Mehrheit der US-Bürger, dass die Regierung in Washington zu wenig gegen den Klimawandel unternehme, wie Umfragen zeigen. Und auch wenn sich Anhänger von Trumps Republikanern deutlich weniger um die Folgen der Erderwärmung scheren als die der Demokraten, wächst unter ihnen die Sorge um die Natur. Vor allem unter jungen Konservativen. Trumps Wahlkampfstrategen haben das durchaus erkannt und unternehmen zarte Anbahnungsversuche.
Was kostet der Kampf gegen den Klimawandel?
John McLaughlin gehört zum Wahlkampf-Team des US-Präsidenten und beschreibt den Zwiespalt der US-Wähler: „Die große Mehrheit der Amerikaner hat das Problem des Klimawandels erkannt“, sie sei aber nicht bereit, für die Lösung Opfer zu bringen. „Die Wähler wollen ihre Jobs behalten und sie wollen kein Geld bezahlen“, zitiert das „Time“-Magazin den Meinungsforscher. In ihren Werbebotschaften betonen die Republikaner daher gerne die echten oder vermeintlichen Kosten des Kampfes gegen die Erderwärmung. Die Klimaschutzideen von Joe Biden, Trumps Kontrahent im Rennen um die Präsidentschaft, werden dann zum „arbeitsplatztötenden Krieg“ oder seien gar „Sozialismus“ – was in den Vereinigten Staaten gleichbedeutend mit wirtschaftlichem Kollaps ist.Trump Klimawandel Wissenschaftler 20.35h
Weil die Parteistrategen die Klimasorgen ihrer Anhänger nicht gänzlich ignorieren können, unternehmen sie immer wieder zarte Versuche, die umweltpolitischen Erfolge Trumps zu preisen. Was nicht so einfach ist, denn die US-Regierung war in den vergangenen Jahren sehr fleißig darin, Umweltschutzauflagen, viele aus der Zeit von Amtsvorgänger Barack Obama, abzuschaffen. Das freut die Wirtschaft, hilft aber etwa der Trinkwasserqualität in der Nähe von Fracking-Gebieten wenig. Umso bemerkenswerter war jüngst Trumps Ankündigung, Ölbohrungen vor der Küste Floridas zu verbieten. Dass der US-Präsident in diesem Bundesstaat seinen Wohnsitz und ein paar Immobilien hat, war da Nebensache.
„Amerikanische Werte, Kapitalismus und Innovation“
Die allermeisten Partei-Größen akzeptieren sowohl den Klimawandel als menschengemacht als auch die wissenschaftlich geprüften Ursachen. Darauf herumzureiten, versuchen jedoch die meisten zu vermeiden. Als Lösung der Probleme schlagen sie „amerikanische Werte, amerikanischen Kapitalismus, Technik und Innovation“ vor, wie es einmal Mitch McConnell sagte, Chef der Republikaner im Senat.
Teile der Parteibasis sind da schon kämpferischer. Vor allem die Jugendorganisation der Republikaner. Zwar gibt es auch dort die Fraktion der Leugner und Verharmloser, doch wächst das Lager derjenigen, die den Klimawandel ernstnehmen und bekämpfen wollen. Vor allem scheinen konservative Studenten und Neuwähler deutlich überparteilicher zu denken, als die derzeitige Führung. „Innerhalb der nächsten zehn Jahre wollen wir sehen, wie Republikaner zusammen mit den Demokraten zu realistischen Lösungen kommen“, sagt etwa Jacob Abel, Studienanfänger aus New Jersey. Konkret denke er dabei an die Bepreisung von Kohlendioxid. Dass in den polarisierten Staaten von Amerika ausgerechnet die tief verfeindeten Parteien sich auf etwas wie CO2-Kosten werden einigen können, wirkt jetzt, im Jahr 2020, noch ziemlich utopisch.
Quellen: Insideclimatenews, „Time“, DPA, AFP, Pew Institute , KFF.org
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