Berlin – Wirtschafts- und Umweltverbände haben große Erwartungen an den neuen Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne).

Die Chefin des Energieverbandes BDEW, Kerstin Andreae, sagte der Deutschen Presse-Agentur: «Die Ziele, die die neue Bundesregierung sich im Klimaschutz gesetzt hat, sind äußerst ambitioniert. Es gilt deshalb, keine Zeit mehr zu verlieren: Aus Ankündigungen müssen schnellstmöglich konkrete Gesetze werden.» Greenpeace-Klimaexperte Andree Böhling sagte: «Robert Habeck weiß, dass die Klimakrise keinen Aufschub duldet, er wird diese Herkulesaufgabe ohne langes Einarbeiten angehen müssen.» Der Bundesverband Windenergie und der Bundesverband Solarwirtschaft forderten baldige Entscheidungen, um den Ausbau der erneuerbaren Energien zu beschleunigen.

Habeck hatte sein Amt am Mittwoch übernommen. Bei der Amtsübergabe sagte er, der Wandel zur Klimaneutralität sei «die große strukturelle Aufgabe» dieser Zeit. Es werde auch kurzfristige Entscheidungen geben, etwa zur Unterstützung der von der Corona-Pandemie geplagten Wirtschaft sowie erste Weichenstellungen für den schnelleren Ausbau der erneuerbaren Energien.

Pläne der neuen Regierung

Die neue Regierung plant, den Anteil der erneuerbaren Energien am Stromverbrauch auf 80 Prozent im Jahr 2030 zu erhöhen – Ziel war bisher ein Anteil von 65 Prozent. Im vergangenen Jahr hatten die erneuerbaren Energien laut Branchenangaben einen Anteil von rund 45 Prozent. Beim Ausbau vor allem der Windkraft an Land gibt es derzeit viele Hemmnisse wie lange Planungs- und Genehmigungsverfahren, zu wenig ausgewiesene Flächen sowie Konflikte mit dem Artenschutz. Außerdem gibt es vor Ort oft Proteste gegen Windparks.

Im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP heißt es, im ersten Halbjahr 2022 sollten gemeinsam mit Bund, Ländern und Kommunen alle

notwendigen Maßnahmen angestoßen werden, um das Ziel eines beschleunigten Ausbaus der erneuerbaren Energien und die Bereitstellung der dafür notwendigen Flächen zu organisieren.

«Der Ausbau der Windenergie muss schnell hochlaufen, sagte Hermann Albers, Präsident des Bundesverbands Windenergie: «Dafür gilt es die Low Hanging Fruits zu ernten. Drehfunkfeuer, Hubschrauber-Tiefflugstrecken und Radarsysteme der Bundeswehr blockieren aktuell rund 1300 Windenergieanlagen mit einer geschätzten Gesamtleistung von 6700 Megawatt.» Die Blockade im Verkehrs- und Verteidigungsministerium müsse Habeck jetzt einreißen. «Dies würde zugleich belegen, dass die neuen Bundesregierung tatsächlich an einem Strang zieht.»

Eine der zentralen Forderungen aus dem Koalitionsvertrag sei außerdem die Bereitstellung von mindestens zwei Prozent der Landesfläche jedes Bundeslandes zum Ausbau der Windenergie, so Albers. Dazu wünsche sich der Verband einen Runden Tisch mit Branchenverbänden und den Bundesländern unter Einbeziehung der kommunalen Spitzenverbände.

Erwartungen an Habeck

Andreae, Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), sagte, ein zentraler Baustein auf dem Weg zu den Klimazielen sei die Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren. «Jahrelange Verfahrenszeiträume sind aktuell einer der größten Hemmschuhe der Energiewende.» Sie – wie von der Koalition angekündigt – zu halbieren, könnte der Energiewende neuen Anschub geben.

Der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Solarwirtschaft, Carsten Körnig, sagte der dpa: «Ein erfolgreicher Ausbau der Solarenergie wird zum Lackmustest dieser Klima-Koalition.» Mit keiner anderen Klimaschutzmaßnahme könne die neue Regierung eindrücklicher und schneller beweisen, dass sie es mit dem Klimaschutz ernst meine. Voraussetzung dafür sei, dass im Rahmen eines 100-Tage-Sofortprogramms alle Solardach-Deckel fielen.

Greenpeace-Klimaexperte Böhling sagte: «Habecks drängendste Aufgabe wird sein, schon in den kommenden Wochen, ein Paket an robusten Sofortmaßnahmen im Klimaschutz zu schnüren. Dabei müssen ein deutlich beschleunigter Ausbau von Wind- und Sonnenenergie auf den Weg gebracht und alle Zweifel für einen Kohleausstieg bis 2030 ausgeräumt werden.» Bisher ist der Ausstieg bis spätestens 2038 geplant, laut Koalitionsvertrag soll dies «idealerweise» bis 2030 gelingen. Böhling sagte: «Die Ampel und am allerwenigsten die Grünen können sich ein Scheitern bei den Klimazielen leisten.»

© dpa-infocom, dpa:211209-99-311052/3

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