Gastbeitrag

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    Manfred Weber, 1972 in Niederkatzhofen geboren, ist seit 2014 Vorsitzender der konservativen Fraktion der Europäischen Volkspartei im Europaparlament. Außerdem ist er seit 2015 stellvertretender CSU-Vorsitzender.

    Weber sitzt seit 2004 für die CSU im Europäischen Parlament. Von 2002 bis 2004 war er Mitglied des bayerischen Landtags.

Die Verleihung des Karlspreises an Frankreichs Präsidenten Macron kommt früh. Aber es ist gut, dass endlich wieder einmal eine Führungspersönlichkeit ein mutiges Europabild zeichnet, das Emotionen und Begeisterung weckt. Man muss bestimmt nicht jede Idee gut finden, aber Macron belebt die Europadebatte mit Leidenschaft.

Was wir aber sicher nicht brauchen, sind Theoriedebatten über staatliche Strukturen. Martin Schulz‘ aufgewärmte Diskussion über die Vereinigten Staaten von Europa ist eine Fassade. Dahinter stehen die Ladenhüter der Linken, die Europa zum Scheitern bringen könnten.

Ich bin es ein bisschen leid, dass die deutsche Europadebatte nur mit Schlagwörtern geführt wird, die wenig aussagen. Europa ist kein Traum mehr, sondern gelebte Realität. Und für diese Realitäten wurden von Politikern wie Konrad Adenauer und Franz Josef Strauß die Grundsteine gelegt und in der jüngeren Zeit von Helmut Kohl und Theo Waigel fortentwickelt. CDU und CSU sind Deutschlands Europaparteien.

Europa muss konkret sein. Diskussionen müssen so geführt werden, dass die Menschen damit etwas anfangen können. Europa ist heute unsere Überlebensgarantie. Ohne eine enge Zusammenarbeit haben wir keine Chance mehr, unseren europäischen Lebensstil in einer globalisierten Welt zu verteidigen.

Wir wollen ein stärkeres Europa als heute, aber keinen Superstaat à la SPD und europäische Linke. Die EU ersetzt die Nationalstaaten nicht, sondern macht sie stark, um in der Welt von morgen zu bestehen. Jeder, der versucht, einen Gegensatz zwischen vitalen Regionen, vielfältigen Nationalstaaten und einem starken Europa aufzumachen, sät den Spaltpilz.

Europa braucht Grenzen

Die Linken rufen nach mehr Zentralisierung. Wir aber wollen kein Europa der Bevormundung, sondern ein subsidiäres Europa, in dem unsere Identitäten und Leitkultur gepflegt werden. Europa braucht Grenzen, etwa geographische. In den anstehenden Sondierungen muss von CDU, CSU und SPD ein klares Signal an die Türkei ausgehen: Die EU-Beitrittsgespräche müssen durch einen neuen Partnerschaftsprozess abgelöst werden. Ich erwarte hier schnell Einigkeit, da ja auch Kanzlerin und SPD-Chef im letzten Wahlkampf die CSU-Position unterstützt haben.

Um Grenzen geht es auch bei den Zuständigkeiten Europas. Ja, wir wollen mehr Europa bei der Verteidigung, bei der Inneren Sicherheit oder Außenpolitik. Aber wir wollen, dass beispielsweise über den Einsatz von genverändertem Saatgut oder Glyphosat, die öffentliche Daseinsvorsorge oder Schulbildung näher vor Ort entschieden wird. Es braucht einen Subsidiaritätscheck, welche Aufgabe wo am besten erledigt wird. Die EU muss sich zurücknehmen können.

Die Linken wollen mehr legale Zuwanderung. Wir wollen mehr Kontrolle an den Außengrenzen, eine Zuwanderungsbegrenzung und ein striktes Vorgehen gegen Schleuser und illegale Migranten. Es braucht eine europäische Migrationspolitik mit mehr Hilfen für die Herkunftsgebiete, eine Vergrößerung des EU-Grenzschutzes auf mindestens 10.000 Beamte, die Festlegung sicherer Herkunftsländer um uns herum und mehr Solidarität unter den EU-Staaten. Und wir wollen, dass bei der Inneren Sicherheit die Kirchturmpolitik mancher Behörden beendet wird und ein obligatorischer Datenaustausch stattfindet.

Gegen den Eurozonen-Haushalt

Wenn die SPD von einem solidarischen Europa spricht, dann meint sie mehr Umverteilung und mehr Geldtransfers. Jeder Vorschlag der europäischen Linken zur Reform der Eurozone zielt auf eine Lockerung der erfolgreichen Stabilitätskriterien, mehr Transfers und damit Mehrausgaben.

Wir setzen auf Haushaltsdisziplin, einen Europäischen Währungsfonds als Lebensversicherung und konditionierte Hilfen bei Reformen. Ein Eurozonen-Haushalt mit dem Ziel der Umverteilung kann keine Antwort auf die Herausforderungen sein. Eine Schuldenunion ist mit uns nicht zu machen, wir brauchen mehr Eigenverantwortung.

Mit einer sozialeren EU meint die SPD mehr Sozialausgaben und eine europäische Arbeitslosenversicherung. Wir verstehen darunter mehr Wachstum und Arbeitsplätze durch gemeinsame High-Tech-Projekte, einen digitalen Binnenmarkt oder faire Handelsverträge wie jetzt mit Kanada und Japan. Gerade bei letzterem blockieren die Sozialdemokraten aber regelmäßig.

Europa muss liefern

Und die Linken setzen bei mehr Demokratisierung auf mehr Bürgerferne durch sogenannte transnationale Listen, die unweigerlich zu Funktionärslisten würden. Wir wollen die Stärkung des Europäischen Parlaments durch ein Initiativrecht, mehr Kontrollrechte gegenüber der Kommission und europäische Spitzenkandidaten für den künftigen Kommissionspräsidenten, damit die Menschen vor der Wahl wissen, wer anschließend Einfluss bekommt.

Europa ist heute bereits viel mehr als nur vereinigte Staaten. Seit langem war die Zustimmung der Europäer zur EU und zum Euro nicht mehr so hoch. Europa steht wieder für Wohlstand und unseren westlichen Lebensstil. Wir müssen unseren Weg weitergehen, bestimmt noch konsequenter.

Ich will ein Europa, das liefert und in dem die Bürger das entscheidende Wort haben. Wir brauchen nicht einfach mehr Europa, sondern ein besseres Europa. Das heißt: klare Verbindlichkeit, stärkere Handlungsfähigkeit und eine gelebte Demokratie.

Die Menschen werden Europa dann langfristig vertrauen, wenn ihre Probleme gelöst und nicht irgendwelche Theoriedebatten geführt werden.

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