Kurz vor der Feier zum 70-jährigen Bestehen der Allianz pocht Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg darauf, dass Deutschland seine Zusagen für eine Erhöhung des Verteidigungshaushalts einhält. „Ich gehe davon aus, dass die Deutschen ihre Versprechen einhalten“, sagte Stoltenberg dem SPIEGEL. Er sehe, so Stoltenberg, dass im aktuellen Budgetentwurf der Verteidigungsetat weiter erhöht werden solle.
Die Bundesregierung hat im Rahmen der Nato zugesagt, die deutschen Ausgaben bis 2024 auf 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu steigern. Allerdings bildet die Finanzplanung von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) die dafür nötigen Mehrausgaben nicht ab.
„Ich verstehe, dass es für eine Regierung schwerer ist, Geld für die Verteidigung auszugeben anstelle für Straßen, Schulen und Krankenhäuser“, sagte der Nato-Generalsekretär. „Aber wir erhöhen unsere Verteidigungsausgaben nicht, um Präsident Trump zu gefallen, sondern aus unserem eigenen europäischen Interesse. Wir sehen ein stärkeres Russland, wir sehen Terroristen an unseren Grenzen, müssen Cyberattacken befürchten.“
Auch die US-Regierung hält ihren Druck auf die Bundesregierung aufrecht. Das Thema werde „nicht verschwinden“, sagte US-Spitzendiplomat Michael J. Murphy nach SPIEGEL-Informationen bei einem Briefing mit den Botschaftern der Nato-Partner am vergangenen Montag in Washington. Spätestens bis zum Treffen der Staats- und Regierungschefs des Bündnisses Ende des Jahres in London erwarte Washington weitere konkrete Zusagen, so der Diplomat. Als die Botschafter fragten, was sonst passieren würde, antwortete Murphy: „Dann haben wir ein Problem.“
Wenig Verständnis haben auch die Osteuropäer für die deutsche Haushaltsplanung. „Das scheint mir unfair, um ehrlich zu sein“, sagte die estnische Präsidentin Kersti Kaljulaid dem SPIEGEL. Estland mit seiner erfolgreichen, aber sehr kleinen Wirtschaft gebe längst mehr als zwei Prozent für seine Verteidigung aus. Man wolle von den Deutschen nur Gegenseitigkeit.
„Bitte, gebt diese zwei Prozent aus“, appellierte sie an Berlin. „Die Deutschen sollten sich stärker dem Osten zuwenden und Verantwortung übernehmen“, forderte Kaljulaid.
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