CDU-Chefin Angela Merkel will 2017 zum vierten Mal Kanzlerin werden – und stellt sich auf einen harten, polarisierenden Wahlkampf ein. «Diese Wahl wird wie keine zuvor – jedenfalls seit der deutschen Einheit nicht – schwierig», sagte Merkel am Sonntagabend.

Zuvor hatte sie in den Führungsgremien ihrer Partei angekündigt, Anfang Dezember wieder für den Parteivorsitz und im Herbst 2017 für das Kanzleramt zu kandidieren. Zugleich versprach die Kanzlerin: «Mein Ziel in der Politik ist es, für den Zusammenhalt in unserem Land zu arbeiten.» Sie setze trotz aller Polarisierung auf einen Wahlkampf ohne Hass, Herabsetzungen und Ausgrenzungen.

Die 62-jährige Parteivorsitzende will sich unter dem Eindruck weltweiter Krisen und zunehmender politischer Unsicherheit beim Delegiertentreffen in Essen am 6. Dezember der Wiederwahl stellen. CSU-Chef Horst Seehofer kündigte trotz unüberwindbarer Differenzen über eine Obergrenze der Flüchtlingszahl seine Unterstützung an. Merkel sagte, Seehofer werde nicht zum CDU-Parteitag eingeladen. Beide wollten sich aber zu Beginn des Jahres treffen, um über ein gemeinsames Programm für die Bundestagswahl 2017 zu beraten.

Der Koalitionspartner SPD nannte Merkel als Kanzlerin nicht mehr unschlagbar. Die oppositionellen Linken und Grünen kündigten wie die Sozialdemokraten einen harten Wahlkampf an.

Merkel sagte, sie kandidiere in «überaus schwierigen, man kann auch sagen in unsicheren Zeiten» für die volle Wahlperiode von vier Jahren. Die Menschen hätten wenig Verständnis dafür, wenn sie nicht noch einmal ihre Erfahrung, ihre Gaben und Talente in die Waagschale werfen würde, um «Dienst für Deutschland zu tun», sagte die Kanzlerin. Sie spüre, dass sie mit ihrer Kandidatur ihrem Land und ihrer Partei etwas von dem zurückgeben könne, was ihr gegeben worden sei.

Merkel stellte die CDU auf massive Auseinandersetzungen im Wahlkampf ein: «Wir werden es mit Anfechtungen von allen Seiten zu tun haben – von Rechts wie nie zuvor, und auch mit einer starken Polarisierung unserer Gesellschaft». Von Links drohe eine rot-rot-grüne Regierung, «wenn es dafür rechnerisch einigermaßen reichen würde», sagte Merkel. Auch europäisch und international sehe sich Deutschland Anfechtungen seiner Werte und Interessen gegenüber. Dabei gehe es auch um die Art zu leben. Zudem stehe die EU in der Flüchtlingsfrage und auch angesichts des angekündigten Brexits Großbritanniens vor großen Herausforderungen.

Über ihre Entscheidung habe sie «unendlich viel» nachgedacht, sagte Merkel. «Die Entscheidung für eine vierte Kandidatur ist nach elf Amtsjahren alles andere als trivial. Weder für das Land, noch für die Partei, noch – und ich sag’s ganz bewusst in dieser Reihenfolge – für mich persönlich.» Der Parteivorstand beriet über einen auf Merkel zugeschnittenen Leitantrag für den Bundesparteitag im Dezember in Essen. Darin geht es um Stabilität in unsicheren Zeiten.

Die Erwartungen, die besonders nach den US-Wahlen mit dem Erfolg von Donald Trump mit ihrer Kandidatur verbunden würden, ehrten sie zwar, sagte Merkel. «Aber ich empfinde es auch sehr stark als grotesk und geradezu absurd.» Kein Mensch alleine, auch nicht mit größter Erfahrung, könne die Dinge in Deutschland, Europa oder der Welt zum Guten wenden, schon gar nicht eine deutsche Kanzlerin. «Erfolge erzielen, das geht wirklich nur gemeinsam.»

DGB-Chef Reiner Hoffmann begrüßte im «Tagesspiegel», dass Merkel Klarheit geschaffen hat. «Wir benötigen jetzt aber auch Klarheit bei der SPD.» Deshalb sei es an der Zeit, dass sich SPD-Chef Sigmar Gabriel erkläre. Gabriel hat bisher offen gelassen, ob er als Kanzlerkandidat antritt. Auch EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) werden Ambitionen nachgesagt.

Die Linke prophezeite für den Fall einer weiteren Amtszeit der Kanzlerin die Fortsetzung einer «Politik der sozialen Spaltung». Die Grünen kündigten einen harten Wahlkampf über Klimaschutz und gesellschaftlichen Zusammenhalt an. FDP-Chef Christian Lindner hielt Merkel eine «angegrünte» Innenpolitik vor und sagte der dpa: «Die Union zieht ihren letzten Trumpf und weiß nicht, ob er noch sticht.»

Nach einer Emnid-Umfrage im Auftrag der «Bild am Sonntag» wünschen sich 55 Prozent der Bürger eine weitere Amtszeit Merkels, 39 Prozent nicht. Selbst 54 Prozent der traditionellen SPD-Wähler wollten Merkel.

Read more on Source