Vor vier Jahren unterstützte David Weissman Donald Trump. Heute geht der Veteran auf Twitter mit einem Foto viral, auf dem er ein Joe Biden-Shirt trägt. Was ist inzwischen passiert?
Die Geschichte von David Weissman klingt wie ein Märchen der modernen Welt: Es war einmal ein Armee-Veteran aus Florida, der Donald Trump unterstützte, liberale Schauspielerinnen bei Twitter trollte und Fernsehinterviews gab, in denen er seine Bewunderung für Trumps anti-muslimische Haltung ausdrückte. Dann wagte er sich aus seiner Troll-Höhle, traf eine gute Fee und verwandelte sich in einen gutaussehenden Demokraten.
So ähnlich klingt die Geschichte, die David Weissman auf seinem Twitter-Account und gegenüber diversen Medien erzählt. Aktuell geht Weissman passend dazu mit einem Meme viral, in dem er ein aktuelles und ein älteres Foto von sich gegenüberstellte. Auf dem linken Bild trägt er ein Wahlkampfshirt von Trump 2016, rechts eins von Joe Biden 2020. Die Überschriften: „Wie es anfing“ und „Wie es heute läuft“.
Weissman bekam dafür bis zum Nachmittag des 12. Oktober mehr als 240.000 Likes. In den Kommentaren gratulieren ihm andere Nutzer und Nutzerinnen zu seinem politischen Sinneswandel oder seinem ebenfalls ersichtlichen Gewichtsverlust. Und es gibt sogar Menschen, die sich wie Weissman seit den letzten US-Wahlen von Präsident Trump abgewandt haben wollen. Wie kam es zu David Weissmans Bruch mit den Republikanern?
2016 beschrieb sich David Weissman noch als „rechten Juden“
Der Wandel von David Weissman ist auch heute noch in großen Teilen auf seinem Twitter-Account nachverfolgbar. Ende 2016, kurz nach Donald Trumps Wahlsieg, wünschte er dem Präsidenten viel Erfolg mit der „Make America Great Again“-Kampagne und bezeichnete sich als „konservativen, rechten Juden“. Zuvor hatte Weissman im israelischen Fernsehen seine Bewunderung für Trumps Geschäftssinn und dessen anti-islamische Politik erklärt. Doch etwas mehr als ein Jahr später fasste Weissman offenbar einen folgenreichen Entschluss.
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In einer Art Neujahrsvorsatz kündigte er am 31. Dezember 2017 seinen Twitter-Followerinnen und Followern an, er werde mehr mit Menschen interagieren, die einen anderen Hintergrund hätten. „Ich möchte wirklich mit der Linken in Dialog treten“, schrieb Weissman in dem Tweet. Kurz zuvor hatte er in dem sozialen Netzwerk eine virtuelle Konversation mit der Comedian Sarah Silverman, die offenbar der Auslöser für Weissmans Vorhaben war – und laut dessen Aussage auch für seinen Sinneswandel.
Eine Unterhaltung mit Comedian Sarah Silverman veränderte alles
„Der Dialog zwischen Sarah und mir begann, als ich ihre Comedy kritisierte“, schreibt Weissman rückblickend auf Twitter. Zu dem Zeitpunkt sei alles außerhalb von Fox News für ihn Fake News gewesen, so Weissman. „Obwohl ich noch immer Trumper war, habe ich realisiert, wie wichtig ein respektvoller Diskurs ist, und angefangen, Fragen zu stellen.“
So habe das Ganze seinen Lauf genommen. Er sei daraufhin mit vielen Menschen in Kontakt getreten, habe ihnen zugehört und sich schließlich Stück für Stück von seiner konservativen Erziehung und Politisierung getrennt, erklärt Weissman.
Brauchen Trump-Unterstützer wirklich nur geduldige Erklärerinnen?
Das Leben ist kein Märchen. Das erkennt man unter anderem daran, dass David Weissman auch 2018 weiterhin Tweets gegen Migration oder Abtreibungen absetzte. Dass er gelernt habe, empathisch zu sein und zu erkennen, dass Rechte für andere Menschen nicht automatisch weniger Rechte für ihn bedeuten, sei ein Prozess gewesen, so Weissman.
Braucht es am Ende also vor allem Geduld, um Trump-Unterstützer und -Unterstützerinnen auf einen anderen politischen Weg zu bringen? David Weissman meint: Ja. Im Interview mit dem„Neues Deutschland“ erklärt er, „Geduld, Akzeptanz und Fakten“ hätten seine Weltansicht verändert. „Als Silverman mit mir geredet hat, hat sie nicht gesagt: Hör auf, Trump zu unterstützen!“”, so Weissman. „Sondern sie hat mich als das akzeptiert, was ich war.“
Weissman leitet heute eine Facebook-Gruppe für andere Menschen, die Donald Trump nicht weiter unterstützen wollen. Glaubt man seiner Erzählung, hat er auch in anderen Bereichen seines Lebens ein Umdenken durchlebt. „Empathisch zu sein hat mich dazu ermutigt, eine PTBS-Therapie (Posttraumatische Belastungsstörung, Anm. d. Red.) zu beginnen, mich zu bilden und ein besseres Vorbild für meine Kinder zu sein“, schreibt er auf Twitter. Und man kann von Märchen halten, was man will: Für David Weissman hat diese Geschichte ein ziemlich gutes Ende.
Quellen: Twitter David Weissmann / „Neues Deutschland“ / CBC
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