AUSBILDUNG Modellversuch für Fachkräfte ohne Abi und Berufserfahrung erfolgreich gestartet
WIESBADEN – (chs). Hessen ist auf dem Weg zu mehr Durchlässigkeit zwischen beruflicher und akademischer Bildung einen guten Schritt vorangekommen. 80 junge Menschen, denen bis dahin die Aufnahme eines Studiums an einer Universität oder Fachhochschule verwehrt war, beteiligen sich zum Wintersemester 2016/2017 an einem bundesweit einmaligen Modellversuch. Nach dem zum Jahresanfang geänderten hessischen Hochschulgesetz können Absolventen einer Berufsausbildung auch ohne Berufserfahrung oder Abitur ein Studium aufnehmen. Ihnen stehen alle Bachelor/Masterstudiengänge offen, sofern sie nach dreijähriger Ausbildung eine Abschlussnote von 2,5 oder besser vorweisen können.
Auftakt in 37 verschiedenen Studiengängen
„Damit räumen wir Stopp- und Sackgassenschilder beiseite“, sagte Hochschulminister Boris Rhein (CDU) am Montag in Wiesbaden. Die jungen Leute hätten sich in 37 verschiedenen Studiengängen an den Hochschulen eingeschrieben. Das Spektrum reiche vom Bauingenieurwesen über Erziehungswissenschaften oder Pflegemanagement bis zu Weinwirtschaft und Gartenbau.
Unterstützt wird der Modellversuch von einer großen Allianz wirtschaftspolitischer Akteure wie der Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände (VhU), den Industrie- und Handelskammern (IHK), den Handwerkskammern und dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB). Die wissenschaftliche Begleitung und Evaluation des Modellversuchs durch die Universität Gießen soll bis zum Sommersemester 2021 abgeschlossen sein.
Aufwertung für die duale Ausbildung
Die duale Ausbildung, die unter zurückgehenden Bewerberzahlen leide, solle mit der Öffnung der Hochschulen wieder attraktiver gemacht werden, sagte Charlotte Venema von der VhU. Sie bedaure, dass die privaten Hochschulen, die vor allem mit berufsbegleitenden Studiengängen attraktive Angebote hätten, in dem Modellversuch nicht berücksichtigt worden seien. Da die Qualifikationsansprüche auf dem Arbeitsmarkt stiegen, sei der Trend zur Akademisierung eine verständliche Reaktion der Jugendlichen. Aber die praxisorientierten Umsetzungskompetenzen, die die berufliche Bildung vermittle, bleiben ebenso unverzichtbar für die Wirtschaft.
Der Modellversuch sei ein wichtiger Schritt für die Gleichwertigkeit von schulischer und beruflicher Bildung, erklärte der DGB-Bildungsexperte Matthias Körner. Die Lehrlinge könnten den Zugang zu den Hochschulen zur Vertiefung und Fortsetzung ihrer Ausbildung nutzen. Sie könnten auch einen Perspektivwechsel suchen. Beides zusammen sei ein großer Fortschritt.
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