Die syrische Regierung will auch nach der Rückeroberung Aleppos mit militärischer Härte gegen ihre Gegner vorgehen. «Von einer Feuerpause kann keine Rede sein», sagte Präsident Baschar al-Assad dem russischen Staatsfernsehen in einem Interview.
Mit Milde könnten nur «Terroristen» rechnen, die sich ergeben oder den Kampfort verlassen. Zuvor waren eine Waffenruhe und der Abzug der Rebellen aus der umkämpften nordsyrischen Stadt Aleppo gescheitert. Syrische Regierungstruppen und Rebellen lieferten sich dort nach Angaben von Beobachtern und Aktivisten erneut heftige Gefechte.
Die Kämpfe gingen weiter, bis «das ganze Land von Terroristen gesäubert» sei, sagte Assad. Als Beispiel nannte er die Rückeroberung der Oasenstadt Palmyra. Gemeinsam mit den Verbündeten Russland und Iran wolle die syrische Führung die weiteren Pläne erörtern. Zunächst müsse jedoch Aleppo gesichert werden. «Die Terroristen feuern täglich Raketen und Granaten ab», sagte er.
In einem Nachkriegssyrien sehe er außer Russland und dem Iran auch China als Partner, betonte Assad. Sollte es der designierte US-Präsident Donald Trump mit dem Kampf gegen Terrorismus ernst meinen, könne auch er ein «natürlicher Verbündeter» Syriens werden. Doch seien alle syrischen Gruppen, die die USA derzeit als gemäßigte Opposition bezeichnen, «Terroristen und Extremisten».
Aktivisten und Bewohner in den verbliebenen Rebellengebieten Aleppos sendeten am Mittwoch erneut SOS-Rufe in sozialen Netzwerken. «Die Verletzten und Toten liegen auf dem Boden», schrieb ein Bewohner in einer Nachricht. «Die Gebäude, in denen sich die Menschen verstecken, werden über ihren Köpfen zerstört. Helft uns!»
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) forderte eine sofortige Waffenruhe für Aleppo. «Es ist nicht zu spät, mehr sinnloses Blutvergießen zu verhindern», sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Am Dienstag habe Merkel mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin telefoniert und sich für eine Waffenruhe sowie den ungehinderten Zugang humanitärer Helfer eingesetzt.
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier plädierte für einen politischen Prozess zur Beendigung des Syrienkrieges, fügte aber hinzu, er könne sich «nicht vorstellen», dass die politische Zukunft Syriens mit Assad gestaltet werden könne.
In der Nacht waren die Kämpfe um Aleppo zunächst abgeflaut, nachdem sich die Rebellen mit der syrischen Führung auf einen Abzug aus dem Osten der Stadt geeinigt hatten. Die syrische Regierung beorderte inzwischen aber alle Busse, die zur Evakuierung bereitgestellt worden waren, wieder zurück.
Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte berichtete, dass regierungstreue Truppen die verbliebenen Rebellengebiete in Aleppo unter schweren Beschuss genommen hätten. Zudem flogen auch Kampfflugzeuge wieder Luftangriffe, wie es heißt. Rebellen feuerten den Angaben zufolge Granaten auf die vom Regime kontrollierten Gebiete im Westen der Stadt und töteten mindestens acht Menschen.
Die russische Nachrichtenagentur Tass berichtete unter Verweis auf das russische Verteidigungsministerium, dass Rebellen versucht hätten, die Belagerung der syrischen Truppen zu durchbrechen. Als die Busse zum Abtransport der Kämpfer und Zivilisten am vereinbarten Punkt am Übergang zu den Rebellengebieten angekommen seien, hätten die Aufständischen das Feuer eröffnet, meldete Tass.
«Die Verzögerungen beim Abzug der Aufständischen, ihrer Familien und anderer Zivilisten gehen auf Unstimmigkeiten zwischen den Anführern der Rebellen zurück», hieß es aus Regierungskreisen. Die Opposition warf dagegen den Regierungstruppen und ihren Verbündeteten vor, mit den Kämpfen begonnen zu haben.
Russlands Außenminister Sergej Lawrow sagte, er hoffe, dass die Lage in Ost-Aleppo in zwei bis drei Tagen endgültig gelöst werde. Aus russischen Militärkreisen hieß es, die syrischen Regierungstruppen hätten ihre Militäroperation in der Stadt wieder aufgenommen, um die Rebellengebiete einzunehmen.
Fares al-Schehabi, ein Abgeordneter des syrischen Parlaments, rief zur Exekution aller verbliebenen «Militanten» in Aleppo auf. «Die Rebellen haben die Abmachung gebrochen», sagte er der dpa. «Wir hoffen, dass wir sie (die Rebellen) jetzt endgültig liquidieren können.»
Die Schweizer Juristin Carla Del Ponte verlangte ein Sondertribunal für Kriegsverbrecher. Nach mehr als fünf Jahren Krieg in Syrien sei die «Zahl der Verbrechen so groß», dass ein Sondergericht wie im Falle Jugoslawiens nötig sei, sagte die frühere Chefanklägerin der Tribunale für Jugoslawien und Ruanda der Wochenzeitung «Die Zeit». Del Ponte ist auch Mitglied der Unabhängigen Internationalen UN-Untersuchungskommission für Syrien.
Die syrische Armee hatte zusammen mit ihren Verbündeten vor einem Monat eine Offensive auf die Rebellengebiete in Ost-Aleppo begonnen. Die frühere Handelsmetropole war jahrelang zwischen Regime und Rebellen geteilt und gilt heute als Symbol für den Krieg.
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