Die Welt hat sich schon um gut 1,1 Grad erwärmt im Vergleich zur vorindustriellen Zeit, Deutschland noch stärker. Doch noch immer heizen zu viele Treibhausgase das Klima auf. Schafft es die Weltklimakonferenz, ein Stoppzeichen zu setzen?
Die Weltklimakonferenz in Ägypten muss aus Sicht von Außenministerin Annalena Baerbock Signale für den Abschied von Kohle, Öl und Gas setzen. Es lohne sich, auf dem Treffen von etwa 200 Staaten „um jedes Zehntel Grad weniger Erderwärmung zu kämpfen“, sagte die Grünen-Politikerin. „Es geht um die Freiheit zukünftiger Generationen.“ Baerbock leitet während der entscheidenden Schlussphase der Konferenz die deutsche Delegation.
Rückenwind für das Mammuttreffen in Scharm el Scheich kam vom G20-Gipfel in Bali, dessen Beschlüsse zum Klimaschutz überraschend robust ausfielen – gerade angesichts vieler weltpolitischer Spannungen.
Die zweiwöchige Konferenz in Ägypten, zu der etwa 34.000 Menschen angereist sind, soll planmäßig am Freitag enden. Oft werden UN-Klimakonferenzen aber ins Wochenende verlängert. Baerbock geht auch dieses Mal davon aus: Sie habe ihre Koffer nicht gepackt für ein Ende am Freitagnachmittag, sagte sie nach ihrer Ankunft. „Leider sind wir noch nicht da, wo wir am Ende hinkommen wollen.“
Arme Länder pochen auf Schadenersatz
Ein Streitpunkt sind Forderungen armer Staaten in Afrika, Asien und Lateinamerika nach Schadenersatz. Sie wollen, dass die Industriestaaten über einen extra Geldtopf ihre Verluste ausgleichen – etwa nach Dürren, Überschwemmungen oder Stürmen, die sich wegen der Erderhitzung häufen. Baerbock sagte dazu vor ihrem Abflug: „Zurecht fordern besonders betroffene Länder, die selbst nichts können für den CO2-Ausstoß von Industrienationen wie Deutschland, eine Absicherung gegen die Schäden und Verluste durch den Klimawandel.“
Die Welt hat sich schon um gut 1,1 Grad erwärmt im Vergleich zur vorindustriellen Zeit, Deutschland noch stärker. 2015 haben die Staaten vereinbart, die Erwärmung möglichst auf 1,5 Grad zu begrenzen.
Kommt der Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas ins Abschlusspapier?
Klimaaktivisten erwarten von der Klimakonferenz auch, dass der unumgängliche Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas klipp und klar ins Abschlussdokument aufgenommen wird – was nach einem ersten Entwurf der ägyptischen Leitung der sogenannten COP27 (kurz für Conference of the Parties) aber nicht vorgesehen ist. Die deutsche Aktivistin Luisa Neubauer empörte sich über diese Lücke und sagte: „Diese COP muss die COP sein, bei der die Ära der fossilen Brennstoffe zu Ende geht.“ Außenministerin Baerbock sagte: „Wir machen uns dafür stark, dass diese COP ein klares Signal für den Abschied vom fossilen Zeitalter und eine schnellere Reduktion der Emissionen setzt.“
Die G20-Staats- und Regierungschefs erteilten in ihrer Erklärung ihren Ministern bei der COP27 das Mandat, ihren Ehrgeiz in den Bereichen Klimaschutz, Anpassung, Finanzierung und auch Verluste und Schäden (loss and damage) dringend zu erhöhen. Bekräftigt wurde, dass die bei den UN eingereichten Klimaschutzpläne für die Jahre bis 2030 nachgeschärft werden müssen. Die G20 verantworten etwa 80 Prozent der klimaschädlichen Treibhausgase weltweit.
Umweltaktivisten aus Afrika prangerten an, dass Energiekonzerne der Industriestaaten in ihrer Heimat etliche klimaschädliche Gas-, Öl- und Kohleprojekte planen. Auch Deutschland ist in Afrika aktiv: Bereits im Mai hat Kanzler Olaf Scholz (SPD) dem Senegal während einer Afrika-Reise Unterstützung bei der Erschließung eines Gasfeldes vor der Küste versprochen. Der Gründer von Fridays for Future im Senegal, Yero Sarr, rief die Bundesregierung auf, das Gasvorhaben zu stoppen. „Tut nichts, was ihr nicht auch in eurem Heimatland tun würdet“, sagte er.
Verwüstung bei den Ärmsten der Armen in Pakistan
Die Schreckensszenarien von den verheerenden Folgen des Klimawandels sind in Pakistan nach den Worten von Planungsminister Ahsan Iqbal bereits bittere Realität. Die Erderwärmung habe „Verwüstung bei den Ärmsten der Armen angerichtet – und damit eine menschliche Tragödie“, sagte er am Mittwoch. In Pakistan hatten Überschwemmungen in diesem Sommer gewaltige Zerstörungen angerichtet. Etwa ein Drittel des Landes stand unter Wasser, Millionen wurden obdachlos. Die Weltbank schätzt den Schaden auf gut 30 Milliarden Dollar. „Pakistan hat den Preis gezahlt für etwas, das es nicht verursacht hat“, sagte Iqbal.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und Mediziner aus aller Welt schlugen auf dem Klimagipfel Alarm und forderten die Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels. „Alles andere wäre Sabotage unserer Gesundheit“, warnte WHO-Direktorin Maria Neira im Gespräch mit der dpa. Es sei gegen jede Vernunft, bei jetzt schon sieben Millionen Todesfällen durch Luftverschmutzung, Hunderttausenden Hitzetoten und Krankenhäusern voller chronisch Kranker Szenarien jenseits von 1,5 Grad überhaupt zu erwägen. Bei einem blutenden Patienten würde man ja auch nicht die Wunden weiter aufreißen.
Aktivisten stören russische Klima-Veranstaltung
Die erste öffentliche Veranstaltung Russlands bei der Weltklimakonferenz wurde gestört. „Sie sind verachtenswert! Sie verdienen keinen Respekt!“, rief eine Frau bei dem Termin am Dienstagabend. „Sie sind Kriegsverbrecher“, rief eine andere, ehe UN-Sicherheitsleute sie aus dem Saal eskortierten. „Sie töten Menschen, sie werfen Bomben“, rief eine weitere.
Brasilien bot sich den Vereinten Nationen als Gastgeber der Weltklimakonferenz im Jahr 2025 an. Darüber werde er mit UN-Generalsekretär António Guterres sprechen, schrieb der gewählte Präsident Luiz Inácio Lula da Silva auf Twitter. Das Treffen solle im Amazonasgebiet stattfinden. Die nächste Klimakonferenz, die COP28 Ende 2023, ist an die Vereinigten Arabischen Emirate vergeben. Wo die Konferenz 2024 stattfindet, ist noch offen.
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