Von Michel Winde und Verena Schmitt-Roschmann, dpa
Tote in Lüttich
Lüttich (dpa) – Ein mutmaßlicher Terrorist hat in Belgien drei Menschen getötet. Nach offiziellen Angaben erschoss der Verdächtige am Dienstagvormittag in Lüttich zwei Polizistinnen und einen Zivilisten.
Anschließend nahm er zwei Frauen als Geiseln, bevor er selbst von Sicherheitskräften getötet wurde.
Die Ermittler vermuten einen terroristischen Hintergrund, wie die zuständige Staatsanwaltschaft mitteilte. Der Attentäter habe mit seiner Tat den belgischen Staat treffen wollen. Weitere Angaben zu dem Mann machten die Behörden zunächst nicht.
Nach Informationen des Fernsehsenders RTBF handelte es sich um einen Mann aus Rochefort im Süden des Landes, der wegen kleinerer Vergehen wie Diebstahl und Drogenhandel im Gefängnis saß. Am Montag habe er Freigang bekommen, hätte aber nach einigen Stunden wieder zurückkehren müssen. Dies sei nicht geschehen, hieß es. Er sei gewalttätig, aber nicht für seine Radikalität bekannt gewesen. Einige Medien berichteten, der Angreifer habe «Allahu Akbar» (Gott ist groß) gerufen. Dies bestätigten die Behörden jedoch nicht.
Die dramatischen Ereignisse begannen um 10.30 Uhr, wie Polizei und Staatsanwaltschaft bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mitteilten. Demnach griff ein mit einem Messer bewaffneter Mann zwei Polizistinnen in der Innenstadt von hinten an und stach auf sie ein. Schließlich habe er den 45 und 53 Jahre alten Frauen ihre Dienstwaffen entwunden und sie erschossen.
Anschließend soll der Täter einen 22-jährigen Mann in einem Auto erschossen haben, bevor er in eine nahe gelegene Schule rannte und zwei Mitarbeiterinnen als Geiseln nahm. Dort griff den Angaben nach eine Spezialeinheit ein und erschoss den Verdächtigen. Dieser habe zuvor noch das Feuer eröffnet.
Vier weitere Polizisten wurden verletzt, drei von ihnen waren am Dienstagabend noch im Krankenhaus, wie der Chef der Lütticher Polizei, Christian Beaupère, sagte. Der Mann habe keinen Amoklauf begehen wollen, «sondern Polizisten treffen wollen, also die Institution, den belgischen Staat».
Die Schüler des Lütticher Gymnasiums Léonie de Waha seien in Sicherheit, betonte der Bürgermeister von Lüttich, Willy Demeyer. Das Gebäude wurde nach seinen Angaben geräumt, die Kinder und Jugendlichen in mehrere andere Schulen gebracht. Das Gymnasium solle am Mittwoch und vielleicht auch am Donnerstag geschlossen bleiben. Schülern und Personal stehe psychologische Hilfe zur Verfügung.
Belgien war in der Vergangenheit das Ziel mehrerer terroristischer Attacken. Bei der schwersten davon töteten islamistische Extremisten in Brüssel am 22. März 2016 in der Metro sowie am Flughafen 32 Menschen. Die Terrorwarnstufe wurde erst vor einiger Zeit auf die zweitniedrigste von vier Stufen herabgesetzt. Daran soll sich vorerst nichts ändern, wie das zuständige Krisenzentrum mitteilte.
Der belgische König Philippe, Ministerpräsident Charles Michel und Innenminister Jan Jambon machten sich unmittelbar nach der Tat auf den Weg nach Lüttich. Sie besuchten unter anderem die verletzten Beamten im Krankenhaus. Die königliche Familie drückte den Angehörigen der Opfer ihr Mitgefühl aus. «Unsere Gedanken sind bei den Opfern dieser schrecklichen Tat», schrieb sie auf Twitter.
Premierminister Michel sprach von «feiger und blinder Gewalt»: «All unsere Unterstützung für die Opfer und ihre Angehörigen.» Bürgermeister Demeyer äußerte sich ähnlich und sprach von einem «besonders schmerzhaften Tag für Lüttich und die Bevölkerung». Im Rathaus wurde ein Kondolenzbuch ausgelegt, für Mittwoch ist eine Schweigeminute geplant.
Die britische Premierministerin Theresa May schrieb auf Twitter: «Meine Gedanken sind bei den Opfern des feigen Angriffs in Belgien und ihren trauenden Familien. Das Vereinigte Königreich steht im Kampf gegen den Terror entschlossen an der Seite unserer belgischen Verbündeten.»
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