WASHINGTON/NAPLES (dpa-AFX) – Führende US-Notenbanker sehen in den USA vorerst freie Bahn für eine robuste konjunkturelle Entwicklung. Längerfristig lauern demnach aber Risiken – auch wegen Unsicherheiten über den politischen Kurs des künftigen US-Präsidenten Donald Trump. Kurzfristig stehe die Wirtschaft vor keinen ernsthaften Hindernissen, sagte die Vorsitzende der Notenbank Fed, Janet Yellen, in der Nacht auf Freitag in Washington. Die Währungshüter wollen den Leitzins allmählich weiter anheben. Außerdem diskutieren sie bereits über einen Abbau der während der Finanzkrise aufgeblähten Notenbankbilanz.

„Die Arbeitslosigkeit hat jetzt ein niedriges Niveau erreicht, der Arbeitsmarkt ist insgesamt stark und das Lohnwachstum legt allmählich zu“, sagte Yellen. Zudem verwies sie auf eine positive Entwicklung bei der Inflation. Inzwischen sei man der angepeilten Zielmarke von zwei Prozent „ziemlich nahe“. Längerfristig habe die US-Wirtschaft aber mit einer Produktivität auf historisch niedrigem Niveau und einer wachsenden Ungleichheit zu kämpfen.

Die Fed-Chefin sprach sich einmal mehr dagegen aus, die nach der Finanzkrise verstärkte Regulierung der Banken wieder zu entschärfen. Der künftige US-Präsident Trump hatte entsprechende Ankündigungen gemacht. Yellens Kollege Dennis Lockhart sieht auf lange Sicht vor allem die Politik als Risiko. „Man macht sich immer über Schocks Sorgen, über Dinge die aus heiterem Himmel kommen und die Wirtschaft treffen“, sagte der Chef der regionalen Notenbank von Atlanta am Donnerstagabend. „Ich denke, vielleicht muss man sich Sorgen darüber machen, dass das vergiftete politische Umfeld weiter bestehen bleibt.“

Dies könne den Optimismus in der Wirtschaft und damit auch die tatsächliche künftige Entwicklung dämpfen, sagte Lockhart. Der Chef der regionalen Notenbank von Chicago, Charles Evans, betonte dagegen, höhere Staatsausgaben könnten über die kommenden zwei Jahre das Wachstum antreiben. Sollte dies eintreten, könnte dadurch Druck von der Fed genommen werden, bei einer lockeren Geldpolitik zu bleiben. Patrick Harker, Präsident der regionalen Notenbank von Philadelphia, verwies jedoch auf die hohe Unsicherheit über die künftige Fiskalpolitik.

Einig sind sich die Notenbanker darin, dass sich die US-Wirtschaft derzeit in einer guten Verfassung befindet. Lockhart verwies allerdings auch darauf, dass man zwar einer Vollbeschäftigung nahe sei, wenn man nach der Arbeitslosenquote gehe. Die Anforderungen auf dem Arbeitsmarkt hinsichtlich Ausbildung und Fähigkeiten seien jedoch gestiegen. Auf diesen Umstand zu reagieren stehe nicht in der Macht der Notenbanker. Eine Renaissance der Industrieproduktion sei zwar möglich, aber das werde keine Industrie-Jobs nach „altem Stil“ zurückbringen.

Bei ihrer jüngsten Zinsentscheidung im Dezember hatte die Fed den Leitzins zum zweiten Mal seit der Finanzkrise angehoben. Außerdem legten die von den Währungshütern vorgelegten Zinsprognosen nahe, dass in diesem Jahr drei weitere Erhöhungen folgen könnten.

Im Zuge des eingeleiteten Straffungskurses beginnt unter den Notenbankern jetzt auch eine Diskussion darum, die aufgeblähte Fed-Bilanz allmählich zurückzufahren. „Wir sollten vielleicht schon 2017 darüber debattieren, wie wir das Bilanzvolumen reduzieren können“, sagte Robert Kaplan, Chef der regionalen Notenbank von Dallas. Sein Amtskollege James Bullard aus St. Louis sagte zudem, dass eine Reduzierung des Bilanzvolumens besser als eine aggressive Leitzinserhöhung geeignet sei, um die Geldpolitik wieder zu normalisieren.

Die Fed hat während der Finanzkrise Staatsanleihen und mit Hypotheken besicherte Wertpapiere im Volumen von mehr als vier Billionen Dollar erworben, um die Marktzinsen zu drücken und die Konjunktur zu stützen. Experten halten es für nötig, diesen Berg an Papieren zu reduzieren, damit Leitzinserhöhungen ihre erhoffte Wirkung entfalten können. Das Problem: Sobald die Fed beginnt, Wertpapiere in größerem Umfang zu veräußern, dürften die Wertpapierkurse fallen und die Marktzinsen könnten stärker als gewollt steigen. Außerdem drohen der Fed hohe Verluste, falls der Verkaufskurs der Wertpapiere geringer ist als der Kaufpreis. Dies hätte letzten Endes der amerikanische Steuerzahler zu tragen.

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