Bundestagswahlkampf

Berlin (dpa) – Nach erneuten Protesten und Störaktionen bei einer Wahlkampfveranstaltung von Kanzlerin Angela Merkel konzentriert die Union ihre Kritik auf die AfD.

«Unter dem Banner der AfD stören Rechtsextreme fast alle unsere Veranstaltungen», sagte CDU-Generalsekretär Peter Tauber der «Neuen Osnabrücker Zeitung» (Samstag). «Diese selbsternannten Patrioten sind in weiten Teilen Rechtsextreme, die mit der einen Hand AfD-Plakate schwenken und die andere zum Hitlergruß heben.»

Kanzlerin Angela Merkel war am Freitag bei einem Wahlkampfauftritt in Vorpommern von rechten Demonstranten, darunter NPD- und AfD-Anhänger, mit Pfiffen und Buhrufen begrüßt worden. Ihr Auto wurde bei der Einfahrt mit Tomaten beworfen. Die CDU-Vorsitzende war zuvor bereits in Heidelberg mit Tomaten beworfen worden. Am Mittwoch wurde ihre Rede im sächsischen Torgau mit Buhrufen, Pfiffen und Hupen massiv gestört.

Merkel selbst betonte am Samstag erneut die Notwendigkeit, auch an Orten mit kritischen Situationen aufzutreten. «Wir als Politiker müssen dahingehen», sagte sie in Rostock bei einer Feier zum 65. Geburtstag der «Ostsee-Zeitung». Viele Menschen warteten darauf, dass Politiker kämen, andernfalls fühlten sie sich alleine gelassen. Es sei jedoch sehr bedauerlich, dass die AfD nur dadurch Aufmerksamkeit erhalte, dass sie pfeife und schreie. «Ich meine, man kann unterschiedlicher Meinung sein, man kann diskutieren. Aber sich nur hinstellen und schreien, das finde ich ist zu wenig.» Das habe mit politischer Kultur nicht sehr viel zu tun, sagte die Kanzlerin.

Tauber sagte: «Aber das halten wir aus. Wir weichen nicht, das sind wir unseren Anhängern schuldig.» Die Zahl der Interessierten sei um viel höher als die der «Schreihälse» – auch im Osten.

Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) verurteilte die Störaktionen. Sie sei erschrocken, dass «Krawallmacher von AfD und NPD» so brutal Merkels Veranstaltung gestört hätten, sagte Schwesig bei der Feier in Rostock. Es sei wichtig, dass Politiker die Möglichkeit hätten, auf Kundgebungen für ihre Politik zu werben. «Da darf man friedlich protestieren. (…) Aber was nicht geht, ist diese Grenzüberschreitung, die Krawallmacherei.»

Meinungsforscher rechnen zwei Wochen vor der Bundestagswahl mit einer deutlich höheren Wahlbeteiligung als vor vier Jahren. 39 Prozent wollten Merkel auf keinen Fall mehr als Kanzlerin haben und gingen deshalb eher wählen, erklärte der Chef des Insa-Instituts, Hermann Binkert, in der «Stuttgarter Zeitung» und den «Stuttgarter Nachrichten» (Samstag). Manche frühere Nichtwähler fänden in der AfD ein Angebot, das sie zur Wahl motiviere.

Merkel sagte beim Parteitag der baden-württembergischen CDU in Reutlingen, die CDU habe keine Stimme zu verschenken. «Wir haben gute Chancen, aber es ist nichts entschieden», meinte sie mit Blick auf den 24. September. Sie warnte vor einem rot-rot-grünen Regierungsbündnis. «Rot-Rot-Grün ist schlecht für unser Land.» In so unruhigen Zeiten wie diesen könne sich das Land keine Experimente erlauben.

Gleichzeitig heißt es in der Union, es sei gelungen, Wahlkampf gegen die Vorstellung einer nächsten Regierung aus Rot-Rot-Grün zu machen. Dabei sei aber die Abwehr der AfD vernachlässigt worden.

In jüngsten Umfragen ist Merkels Union weiterhin klar stärkste Kraft mit 37 bis 39 Prozent – die SPD von Kanzlerkandidat Martin Schulz liegt gut zwei Wochen vor der Bundestagswahl auf dem Niveau ihres historisch schlechtesten Wahlergebnisses von 2009 oder sogar darunter. Befragungen für ARD, ZDF und «Stern»/RTL sehen die Sozialdemokraten bei 21 bis 23 Prozent. Eng ist das Rennen um Platz drei, wobei sich im ARD-«Deutschlandtrend» die AfD mit 11 Prozent vor die Linke (10), FDP (9) und Grüne (8) schiebt. Das ZDF-«Politbarometer» sieht FDP, Linke und AfD gleichauf (je 9) vor den Grünen (8). Im «Stern»/RTL-«Wahltrend ist die Linke mit 10 Prozent Dritte vor FDP und AfD (je 9) und Grünen (8).

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