Sprengsatz zündete nicht

Ludwigshafen (dpa) – Eineinhalb Wochen nach dem Fund einer Nagelbombe im rheinland-pfälzischen Ludwigshafen steht ein zwölf Jahre alter Junge unter Verdacht, einen Anschlag geplant zu haben.

Die Bundesanwaltschaft bestätigte heute Ermittlungen wegen des Bombenfundes, machte aber zunächst keine näheren Angaben. Das Magazin «Focus» berichtete, nach Erkenntnissen der Ermittler sei der Junge stark religiös radikalisiert und könnte von einem unbekannten Mitglied der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) angestiftet oder angeleitet worden sein.

Der strafunmündige Zwölfjährige soll laut «Focus» am 26. November versucht haben, den Sprengsatz auf dem Weihnachtsmarkt in  Ludwigshafen zu zünden. Das Magazin beruft sich auf Angaben der Justiz- und Sicherheitsbehörden. Der Sprengsatz habe aber nicht gezündet. Am 5. Dezember habe der Junge den in einem Rucksack versteckten Sprengsatz – ein mit Sprengpulver gefülltes Konservenglas – dann in einem Gebüsch nahe dem Rathaus deponiert.

Die genauen Hintergründe der Tat und die Gefährlichkeit des verwendeten Materials waren zunächst unklar. Der Zwölfjährige wurde in Ludwigshafen geboren und wohnte dort auch während der Vorfälle. Das sagte der Leiter der Staatsanwaltschaft Frankenthal, Hubert Ströber. Wegen des Umfeldes des Kindes habe er die Bundesanwaltschaft informiert, auch das Jugendamt sei eingeschaltet.

Angaben des «Focus», wonach Spezialisten nach der Entdeckung eines mit Pulver gefüllten Konservenglases am 5. Dezember einen Teil der «hochbrisanten Mischung» gesprengt hätten, bestätigte der Leitende Oberstaatsanwalt nicht. «Die Polizei hat aus diesem Glas Substanz entnommen und entzündet. Und sie war brennfähig», sagte Ströber. Es gehe aber nicht aus den Akten hervor, wie sich das Pulvergemisch verhalten hätte, wenn es im Glas entzündet worden wäre.

Die Staatsanwaltschaft selbst sehe von Ermittlungen gegen das strafunmündige Kind ab, das sowohl die deutsche als auch die irakische Staatsbürgerschaft habe, sagte Ströber. Der Zwölfjährige befindet sich nach Angaben der Stadt Ludwigshafen in einer geschützten Einrichtung.

Die Bundesregierung ist alarmiert über den Verdacht. «Das ist natürlich eine Meldung, die jeden aufschrecken lässt», sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Weiter wolle er sich zu dem Fall nicht äußern. Er sagte: «Ich halte es für das Richtige, den Generalbundesanwalt ermitteln zu lassen.»

Ein Sprecher des Bundesjustizministeriums sagte, nur weil jemand nicht strafmündig sei, bedeute dies noch lange nicht, «dass keine Strafbarkeit vorliegt».

Bereits nach dem Fund am 5. Dezember hatte die Polizei mitgeteilt, ein Zwölfjähriger stehe im Verdacht, das Glas in der Nähe des Rathaus-Centers abgelegt zu haben. Das Center ist ein 1979 eröffnetes Hochhaus, in dem das Rathaus und ein Einkaufszentrum untergebracht sind. Wegen der Tasche waren damals der Bereich rund um das Center sowie eine Bundesstraße zeitweise gesperrt worden.

Experten des Landeskriminalamtes fanden heraus, dass das Material, das sich in dem Glas befand, aus Feuerwerkskörpern und Wunderkerzen gewonnen wurde. Nach damaligen Polizeiangaben war es zwar brennbar, konnte aber nicht explodieren. Der «Focus» schreibt nun von einem Rucksack mit einer selbst gebauten Zündvorrichtung.

Weihnachtsmärkte waren schon zuvor potenzielle Anschlagsziele: Im Dezember 2000 fasste die Frankfurter Polizei mehrere Islamisten, die mit einer Kochtopf-Bombe möglichst viele «Ungläubige» auf dem Straßburger Weihnachtsmarkt töten wollten. Die Mitglieder der in zwei Frankfurter Wohnungen ausgehobenen Terrorzelle wurden in Frankfurt und in Paris zu teils langjährigen Haftstrafen verurteilt. Für den Anschlag sollte ein mit Sprengstoff gefüllter Dampfkochtopf eingesetzt werden. Eine Katastrophe sei «in letzter Minute» abgewendet worden», hieß es damals aus Kreisen der Ermittler.

Nach deutschem Strafrecht können Kinder unter 14 Jahren nicht für ein Verbrechen bestraft werden. Das Strafgesetzbuch spricht von der «Schuldunfähigkeit des Kindes» bis zu diesem Alter.

Allerdings muss eine Straftat für dieses Kind nicht folgenlos bleiben. Das Jugendamt oder der Vormundschaftsrichter können sich einschalten, den Eltern kann auch das Sorgerecht entzogen werden.

Hat ein Straftäter das 14., aber noch nicht das 18. Lebensjahr vollendet, gilt er als Jugendlicher und damit als «bedingt strafmündig». Sachverständige prüfen dann meist in einem Prozess, ob der Angeklagte sittlich und geistig reif genug ist, um das Unrecht seiner Tat einzusehen.

«Voll strafmündig» ist man vom 18. Lebensjahr an. Hat der Straftäter bei der Tat noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet, wird aber geprüft, ob Jugendstrafrecht oder allgemeines Strafrecht anzuwenden ist.

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